Alexander C. Blankenstein
Mit der Abnahme treten insbesondere folgende wesentlichen Rechtsfolgen ein:
- Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch des Auftraggebers erlischt. Dem Auftraggeber steht nunmehr ein Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 634 BGB zu.
- Die Verjährungsfrist des § 634a BGB beginnt zu laufen.
- Der Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung wird fällig.
- Die Abnahme führt zu einer Umkehr der Beweislast. Nunmehr ist der Auftraggeber für etwaige Mängel beweispflichtig.
- Eine Vertragskündigung ist nicht mehr möglich.
Die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung der abgenommenen Bauleistung geht mit der Abnahme auf den Auftraggeber über.
Feststellungsklage
Wegen der umfassenden Rechtsfolgen der Abnahme kann die Frage, ob eine Abnahme nicht erklärt ist, Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
4.1 Erlöschen des Erfüllungsanspruchs
Hat der Auftragnehmer die Abnahme erklärt oder ist die Abnahmefiktion eingetreten, endet das vertragliche Erfüllungsstadium. Die eigentliche Vertragspflicht, nämlich die Errichtung der Wohnung bzw. Wohnanlage, gilt dann als erfüllt. Hinsichtlich etwaiger Mängel ist der Erwerber dann auf die Mängelrechte des § 634 BGB verwiesen. Hierbei handelt es sich um
- den Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 635 BGB
- das Recht der Selbstvornahme nach § 637 BGB nebst Ersatz- und Vorschussanspruch bezüglich der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen,
- die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB
- das Recht zur Minderung nach § 638 BGB und
den Anspruch auf Schadensersatz nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a oder Ersatz vertraglicher Aufwendungen nach § 284 BGB.
Kenntnis des Mangels
Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk ab, obwohl er den Mangel kennt, stehen ihm der Anspruch auf Nacherfüllung, das Recht zur Selbstvornahme nebst Ersatz- und Vorschussanspruch, die Möglichkeit des Rücktritts und das Recht zur Minderung nach § 640 Abs. 3 BGB nur dann zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.
4.2 Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen
Bis zur Abnahme der Werkleistung können Mängelrechte nicht verjähren. Hier bildet gerade die Abnahme eine wichtige Zäsur. Nach der Abnahme beginnt die Verjährungsfrist für die Mängelrechte des Auftraggebers gemäß § 634a BGB. Nach § 634a Abs. 1 BGB verjähren die Mängelansprüche bei einem Bauwerk in 5 Jahren.
Verjährung beginnt mit Abnahme!
Bei Ansprüchen, die innerhalb der 3-jährigen Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB verjähren, beginnt die Verjährung stets am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Wird z. B. im Mai 2022 der Beschluss über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge auf Grundlage der Jahresabrechnung gefasst, beginnt die Verjährung mit Blick auf die negativen Abrechnungsspitzen am 31.12.2022 zu laufen. Verjährung tritt dann mit Ablauf des 31.12.2025 ein.
Erfolgt andererseits die Abnahme am 1.6.2022, beginnt die Mängelfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht erst am 31.12.2022 zu laufen, sondern nach der insoweit maßgeblichen Bestimmung des § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme – und zwar taggenau! Mängelansprüche wären dann mit Ablauf des 1.6.2027 verjährt.
4.3 Fälligkeit der Vergütung
Mit der Abnahme wird der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers fällig. Er hat dann grundsätzlich Anspruch auf Leistung der Schlusszahlung. Dies hat allerdings nach § 650g Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB für den Bauvertrag zur Voraussetzung, dass eine prüffähige Schlussrechnung vorliegt. Die Schlussrechnung ist nach § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB prüffähig, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist. Sie gilt als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat.
Keine abweichende Fälligkeit durch AGB
Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – also im Formularvertrag – des Bauträgers, wonach die Schlusszahlung auch ohne bzw. vor der Abnahme fällig ist, sind unwirksam.
Hat der Auftragnehmer die Abnahme erklärt bzw. gilt die Werkleistung des Auftragnehmers als fiktiv oder konkludent abgenommen, beeinflusst dies den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers nicht. Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Auftraggeber Mängel vorbehält. Insoweit aber kann dem Auftraggeber ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen.
Zug-um-Zug-Verurteilung
Behält sich der Auftraggeber ausdrücklich Mängel vor und macht er insoweit von seinem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Schlusszahlung Gebrauch, wäre eine reine Zahlungsklage des Bauträgers zum Scheitern verurteilt. Ihm steht nämlich die geltend gemachte Vergütung lediglich Zug-um-Zug gegen Mängelbeseitigung zu.
Trotz Abnahme trägt der Bauträger die Beweislast im Hinblick auf den Grund und die Höhe seiner Vergütungsforderung.
4.4 Umkehr der Beweislast
Bis zum Zeitpunkt der Abn...