Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Vereinbarte Einzelabrechnungsgenehmigungsfiktion verbietet nicht die Beschlussfassung auch über Einzelabrechnungen
Kein Saldovortrag in Abrechnung aufnehmen
Überhöhte Heizkostenvorauszahlungen können zur Teilungültigkeit eines Wirtschaftsplangenehmigungsbeschlusses führen
Normenkette
§ 28 Abs. 1, 5 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 27 FGG, § 309 ZPO
Kommentar
Eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung, dass Einzelabrechnungen als anerkannt gelten, wenn nicht innerhalb von 14 Tagen ein schriftlich begründeter Widerspruch eingelegt wird, verbietet nicht eine Beschlussfassung der Eigentümer über die Einzelabrechnungen zusammen mit der Jahresgesamtabrechnung. Ob eine solche Vereinbarungsbestimmung überhaupt gültig ist, kann hier dahinstehen (vgl. zu dieser umstrittenen Frage den Vorlagebeschluss des KG Berlin, Entscheidung v. 4. 7. 1990, Az.: 24 W 1434/90= NJW 1990, 2496 = WuM 1990, 407 [vom BGH offengelasen, (vgl. BGH, Entscheidung v. 20. 12. 1990, Az.: V ZB 8/90)] sowie den Beschluss des OLG Frankfurt, OLG Z 1986, 45 und auch die Entscheidung BayObLG Z 1988, 287). Die Vereinbarung im vorliegenden Fall könnte allenfalls zur Folge haben, dass die Eigentümer außer über die Jahresgesamtabrechnung nicht in jedem Fall auch über die Einzelabrechnung Beschluss fassen müssten, wie dies der Senat in ständiger Rechtsprechung fordert; denn ohne einen Widerspruch innerhalb der genannten Frist würden die Einzelabrechnungen auch ohne Genehmigung durch Eigentümerbeschluss verbindlich; unklar sei aber, was bei einem Widerspruch zu geschehen hätte. Jedenfalls könne auch hier über Einzelabrechnungen Beschluss gefasst werden, wie dies auch geschehen ist. Vor einer Beschlussfassung über die Jahresgesamtabrechnung können im Übrigen Einzelabrechnungen keinesfalls verbindlich werden.
Ist in einer Abrechnung ein Guthaben aus der vorausgehenden Jahresabrechnung aufgeführt, ist der Jahresabrechnungsgenehmigungsbeschluss insoweit für ungültig zu erklären, da es sich bei einem Vorjahresergebnis weder um Einnahmen noch um Ausgaben des aktuellen Abrechnungs- bzw. Wirtschaftsjahres handelt, sodass der Vorjahressaldo nicht Gegenstand der Abrechnung sein könne (Teilungültigkeit, vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 1107/1108). Keine Bedenken hätten dagegen bestanden, das Vorjahresergebnis im Anschluss an die Abrechnung über das laufende Wirtschaftsjahr im Rahmen einer Kontoabrechnung zu berücksichtigen; dies ist hier nicht geschehen, da das Vorjahresergebnis in die Feststellung des Abrechnungsergebnisses für das laufende Wirtschaftsjahr miteinbezogen worden war.
Der Eigentümerbeschluss über den Wirtschaftsplan war hinsichtlich des Postens "Heizungskosten" für ungültig zu erklären. Sind Heizkosten nach Gemeinschaftsordnung zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche abzurechnen, so entspricht die Umlegung der Heizkosten im Wirtschaftsplan nach Miteigentumsanteilen (Vorauszahlung) dann nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn dies über einen längeren Zeitraum zu erheblich überhöhten Vorauszahlungen eines Eigentümers führt. Vorliegend war die Größe der Miteigentumsanteile für die Heizkosten von vornherein kein geeigneter Maßstab für die Vorauszahlungsberechnungen der einzelnen Eigentümer, wie dies auch das Abrechnungsergebnis bestätigte. Das BayObLG, Entscheidung v. 8. 6. 1990, Az.: 1 b Z 18/89hat hier bereits Ansprüche einzelner Eigentümer nach § 21 Abs. 3 und Abs. 4 WEG angedeutet. Der Wirtschaftsplan ist jedoch nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich dieses Postens ungültig, d. h. also teilungültig (BayObLG Z 1989, 310/312).
In Wohnungseigentumssachen muss die Beschwerdeentscheidung nicht von denselben Richtern erlassen werden, die an der mündlichen Verhandlung mitgewirkt haben (h.M.).
Ein erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellter Sachantrag (hier: Feststellungsantrag) ist unzulässig (h.M.).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 07.11.1990, BReg 2 Z 116/90)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Verwaltern ist derzeit trotz solcher Abrechnungsgenehmigungsfiktionsvereinbarungen in Gemeinschaftsordnungen zu empfehlen, stets über die Gesamtabrechnung und auch über die Einzelabrechnungen Beschlussfassungen herbeizuführen, um klare Anspruchsgrundlagen für etwaige Nachzahlungen und auch Guthabensauszahlungen zu schaffen.
Bei der Anforderung von Wohngeldvorauszahlungen für Heiz- und Warmwasserkosten bestehen stets Probleme, da sich das Verbrauchsverhalten der Eigentümer oder Nutzer von Jahr zu Jahr ändern kann und auch Kosten- und Preisentwicklungen für Öl oder Gas selbst auf einen Jahreszeitraum bezogen (neben Witterungseinflüssen) kaum prognostizierbar sein dürften. Verwalter sollten sich allerdings an den letztjährigen Verbrauchs- und Fixkosten orientieren. Es muss hier nicht stets die Vorauszahlung in Einzelwirtschaftsplänen nach Miteigentumsanteilen aufgeteilt und bewertet werden, wenn auch dieser Verteilungsschlüssel für die Vorauszahlungen heute allgemein üblich sein dürfte. Im vorliegenden Einzelfall hat...