Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Ein Wirtschaftsprüfer, der als Jahresabschlussprüfer tätig wird, unterliegt nicht der Sekundärhaftung. Eine hierfür erforderliche umfassende rechtliche Beratung sieht sein Berufsbild nicht vor.
Sachverhalt
Die Sekundärhaftung erweitert das Haftungssystem in besonderen schuldrechtlichen Bereichen und gilt z.B. bei Architekten, Rechtsanwälten und Steuerberatern. Diese Berufsträger können in Sekundärhaftung geraten, wenn sie ihren Auftraggeber nicht auf eigene Fehler und die hieraus resultierenden Schadenersatzansprüche hinweisen.
Der BGH hat überprüft, ob diese erweiterte Haftungsform auch für einen Wirtschaftsprüfer gilt, der als Abschlussprüfer tätig ist. Im Urteilsfall hatte der Prüfer die Einholung von Bankbestätigungen durch den Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH gefordert. Obwohl die Unterlagen nur teilweise beigebracht wurden, stellte der Prüfer im Rahmen der Überprüfung der Jahresabschlüsse keine weiteren Fragen. Die Existenz von Schwarzkonten des Geschäftsführers blieb somit unentdeckt.
Der Abschlussprüfer unterliegt aufgrund seines Aufgabenkreises nicht der für Architekten geltenden Sekundärhaftung. Er hat unter Einbeziehung der Buchführung lediglich den Jahresabschluss der Geschäftsleitung seines Auftraggebers zu prüfen, weitergehende Betreuungsaufgaben obliegen ihm nicht. Daher liegt keine sog. Sachwalterstellung vor, die bei einem Architekten anzunehmen ist.
Der BGH prüfte weiter, ob die für einen Rechtsanwalt und Steuerberater geltende Sekundärhaftung anwendbar ist. Auch dies verneinte das Gericht, da die Tätigkeit eines als Jahresabschlussprüfer tätigen Wirtschaftsprüfers nicht mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters vergleichbar ist. Der Prüfer genießt zwar ebenfalls eine Vertrauensstellung gegenüber seinem Auftraggeber, hat ihn jedoch nicht umfassend rechtlich zu beraten. Seine Beratungs- und Prüfungspflicht beschränkt sich auf den zu prüfenden Jahresabschluss und die zugehörigen Unterlagen. Darüber hinaus bestehen keinerlei weitere Beratungspflichten. Aufgrund dieses Umstands fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für eine Sekundärhaftung.
Hinweis
Der BGH prüfte lediglich, ob ein Wirtschaftsprüfer in seiner Tätigkeit als Abschlussprüfer der Sekundärhaftung unterliegt. Ob für Wirtschaftsprüfer mit anderen Tätigkeiten die Sekundärhaftung gilt, hat der BGH nicht geprüft. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 10.12.2009, VII ZR 42/08.