Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 14 WEG, § 21 WEG
Kommentar
1. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 19.01.1994 ( OLG Köln, vom 19.01.1994, 16 Wx 6/94) entschieden, dass ein Eigentümer einen Mehrheitsbeschluss auf Anschluss an das Breitbandkabelnetz und Demontage der Dachantenne duldungspflichtig hinzunehmen hat, falls durch die Veränderung seine Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden; eine solche Beeinträchtigung sei für den Fall ausgeschlossen, dass der Empfang der über Lang-, Mittel- und Kurzwelle gesendeten Hörfunkprogramme über eine Wurfantenne demjenigen über die ursprünglich vorhandene Dachantenne gleichwertig sei. Es komme hier nicht auf die Feststellung eines Sachverständigen an, dass der Dachantennenempfang bei gleichen Wellenbereichen "selbstverständlich besser" sei als der über eine Wurfantenne. Entscheidend sei vielmehr, ob der Empfang der Lang-, Mittel- und Kurzwellenprogramme quantitativ und/oder qualitativ durch eine optimal auszulegende Wurfantenne so eingeschränkt sei, dass einem Eigentümer im Vergleich zur Dachantenne der Empfang über Wurfantenne nicht mehr zumutbar und damit nicht gleichwertig sei.
2. Ein einzelner Eigentümer hat Anspruch darauf, dass ihm die Möglichkeit des Rundfunk- und Fernsehempfangs in dem Umfang erhalten bleibt, wie er durch die vorhanden gewesene, ordnungsgemäß gewartete und reparierte oder erneuerte Empfangsanlage (Dachantenne) möglich war. Es sind aber auch die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer angemessen zu berücksichtigen, die erweiterte Fernseh- und UKW-Angebote wünschen. Insoweit habe eine Abwägung der grundrechtlich geschützten Interessen stattzufinden (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 95, 1065/1066 für den Fall der Installation einer Parabolantenne). Ebenso wie das Grundrecht der Informationsfreiheit den einzelnen Wohnungseigentümer, der nicht an das Kabelnetz angeschlossen werden will, vor einer Einschränkung seiner bisherigen Informationsmöglichkeit schützt, besteht ein grundrechtlich geschütztes Informationsinteresse der restlichen Eigentümer an erweitertem Fernseh- und Hörfunkangebot, wie es der Kabelanschluss ermöglicht. Nach verfassungsgemäßer Interessenabwägung muss der einzelne Eigentümer eine gewisse, zumutbare Einschränkung des Lang-, Mittel- und Kurzwellenempfangs in Kauf nehmen.
3. Insoweit ist bei der Interessenabwägung auch nicht zu berücksichtigen, ob die von einem einzelnen Eigentümer beabsichtigte Durchführung des Amateurfunks ohne Dachantenne möglich ist. Kann der Rundfunk- und Fernsehempfang in bisherigem Umfang durch die Anbringung einer Wurfantenne gesichert werden, so wird ein Eigentümer nicht in rechtserheblicher Weise dadurch beeinträchtigt, dass er eine hierfür von der Gemeinschaft nicht (mehr) vorgesehene Dachantenne nicht (mehr) zu Funkzwecken benutzen kann. Insoweit hat das Recht der restlichen Eigentümer auf Informationsfreiheit Vorrang. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall der Antragsteller den Amateurfunk als Hobby betreibt und selbst nicht in der Gemeinschaft wohnt. Damit ist nicht einmal ersichtlich, dass der Antragsteller seinem Hobby nur in der WE-Anlage nachgehen kann und dass ihm die Ausübung seines Hobbys unzumutbar erschwert oder gar unmöglich ist, wenn in der Anlage keine Dachantenne (mehr) angebracht ist.
4. Die Sache war an das Landgericht zurückzuverweisen, da dort durch Sachverständigengutachten noch aufgeklärt werden müsse, ob und ggf. in welchem Ausmaß der Lang-, Mittel- und Kurzwellenempfang durch eine optimal ausgelegte Wurfantenne im Vergleich zum Empfang mittels der früher vorhandenen Dachantenne beeinträchtigt ist. Stellt sich heraus, dass die Beeinträchtigung für den Antragsteller unzumutbar ist, wird ferner zu prüfen sein, ob es andere technische Möglichkeiten gibt, einen für den Antragsteller zumutbaren Empfang zu gewährleisten, ohne dass der Kabelanschluss entfernt werden muss.
Link zur Entscheidung
( OLG Köln, Beschluss vom 19.07.1995, 16 Wx 83/95= WE 1/96, 39 = DWE 4/95,155)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer