Dr. Alexander Becker, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2007 nur noch eingeschränkt steuerlich abgezogen werden. Das BVerfG hat diese Regelung mit dem Grundgesetz insoweit für unvereinbar erklärt, soweit das Abzugsverbot Aufwendungen auch dann umfasst, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zu Verfügung steht.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige, der als Hauptschulehrer tätig ist, nutzte arbeitstäglich für 2 Stunden ein ausschließlich beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer. Die von ihm beantragte Zuweisung eines Arbeitsplatzes in der Schule zur Vor- und Nachbereitung des Unterrichts war vom Schulträger abgelehnt worden. Das Finanzamt ließ die in der Einkommensteuererklärung 2007 als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für das Arbeitszimmer unberücksichtigt.
Das BVerfG hat dem Steuerpflichtigen Recht gegeben und entscheidet, dass die seit 2007 geltende Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch dann nicht steuerlich abgezogen werden dürfen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst sich u.a. nach dem objektiven Nettoprinzip. Danach sind betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abziehbar.
Ein ausschließlich beruflich genutztes Arbeitszimmer führt jedenfalls dem Grunde nach zu beruflich veranlasstem Erwerbsaufwand, der nach dem objektiven Nettoprinzip grundsätzlich steuerlich zu berücksichtigen ist. Benachteiligende Ausnahmen von dieser Belastungsentscheidung des Einkommensteuerrechts bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, um den Anforderungen des allgemeines Gleichheitssatzes zu genügen. Daran fehlt es hier, denn allein die angeführten fiskalischen Gründe, also das Ziel der Einnahmenvermehrung zur Haushaltskonsolidierung, sind keine hinreichende sachliche Legitimation.
Hinweis
Daneben hat das BVerfG auch entschieden, dass die Ausdehnung des seit 2007 geltenden Abzugsverbots nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, soweit davon auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erfasst sind, das zu mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit ausschließlich betrieblich bzw. beruflich genutzt wird. Bei einer typisierenden Betrachtung sei der Ausschluss dieser Fallgruppe vertretbar, da der Umfang der Nutzung allenfalls ein schwaches Indiz für dessen Notwendigkeit sei, wenn dem Steuerpflichtigen ein weiterer Arbeitsplatz von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werde. Hieraus folgt, dass diese Fallgruppe nicht in den Genuss des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs für das Arbeitszimmer kommt.
Link zur Entscheidung
BVerfG, Beschluss v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09.