Leitsatz
Die Parteien hatten sich in erster und zweiter Instanz um den von dem Ehemann zu zahlenden nachehelichen Unterhalt gestritten. Gegen das Urteil erster Instanz hatten beide Berufung eingelegt. Die Berufung des Ehemannes wurde zurückgewiesen, die Berufung der Ehefrau hatte teilweise Erfolg. Als Gesamtstreitwert der Berufungen wurde vom OLG ein Betrag i.H.v. 20.306,40 EUR festgesetzt. Hiergegen wandten sich die Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts.
Sachverhalt
Das erstinstanzliche Gericht hatte mit Teilurteil vom 13.5.2005 die Ehe der Parteien geschieden, festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet und den Ehemann unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Ehefrau verurteilt, an sie ab Rechtskraft der Scheidung Unterhalt i.H.v. monatlich 3.541,00 EUR im Voraus zu zahlen.
Gegen dieses Urteil legten beide Parteien - jeweils beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch zum nachehelichen Unterhalt - Berufung ein. Der Ehemann mit dem Ziel der Herabsenkung des zu zahlenden Unterhalts auf 2.850,00 EUR und seine Befristung bis zum 30.6.2006 und die Ehefrau mit dem Ziel der Anhebung des zu zahlenden Unterhalts auf 4.542,20 EUR monatlich.
Von den wechselseitigen Berufungsbegründungsschriften ist als letzte die der Ehefrau vom 25.8.2005 der Verfahrensbevollmächtigten des Ehemannes am 31.8.2005 zugestellt worden.
Mit Urteil vom 15.12.2005 hat das OLG die Berufung des Ehemannes zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil zum nachehelichen Unterhalt teilweise abgeändert, neu gefasst und den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau ab Rechtskraft der Ehescheidung monatlich im Voraus 4.282,00 EUR zu zahlen. Der weitergehende Antrag der Ehefrau wurde zurückgewiesen.
Den Gesamtstreitwert der Berufungen setzte das OLG mit 20.306,40 EUR fest. Hiervon entfielen auf die Berufung des Ehemannes 8.292,00 EUR (691,00 EUR × 12) und auf die Berufung der Ehefrau 12.014,40 EUR (1.001,20 EUR × 12).
Mit Schriftsatz vom 21.12.2005 baten die Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau um Überprüfung der Streitwertfestsetzung mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwerts für die Berufung des Ehemannes. Sie baten ferner für den Fall der Änderung des Streitwerts um Anpassung der Kostenentscheidung und führten zur Begründung an, bei der vom OLG vorgenommenen Festsetzung des Werts der Berufung des Ehemannes sei nicht zum Ausdruck gekommen, dass die Scheidung erst im Oktober 2005 rechtskräftig geworden sei, der Rechtsfolgenausspruch in dem Teil-Urteil des erstinstanzlichen Gerichts zum nachehelichen Unterhalt daher erst ab Oktober 2005 Wirksamkeit entfalten könne und der Ehemann mit Wirkung ab dem 1.7.2006, also innerhalb des 12-Monats-Zeitraums des § 42 GKG, die vollständige Klageabweisung beantragt habe.
Der Streitwertbeschluss wurde daraufhin vom OLG abgeändert auf den Gesamtstreitwert beider Berufungen i.H.v. 28.856,40 EUR. Hiervon entfiel ein Teilbetrag i.H.v. 16.842,00 EUR auf die Berufung des Ehemannes, eine Teilbetrag i:H.v. 12.014,40 EUR auf die Berufung der Ehefrau. Die Kostenentscheidung aus dem Urteil vom 15.12.2005 blieb aufrechterhalten.
Entscheidung
Die vom OLG vorgenommene teilweise Änderung der Wertfestsetzung für den Berufungsrechtsstreit beruhte auf § 63 Abs. 3 GKG.
Der Erhöhung eines Streitwerts stehe nicht entgegen, dass hierdurch eine rechtskräftige Kostenentscheidung unrichtig werden könnte. Nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur stelle eine Diskrepanz zwischen Kostenquotelung und Streitwert keinen Hinderungsgrund für eine sachlich gebotene Änderung der Wertfestsetzung dar (vgl.: OLG Frankfurt NJW 1970, 436; OLG Köln v. 18.3.1993 - 7 W 1/93, OLGReport Köln 1993, 157 = OLGZ 1993, 446; OLG Düsseldorf v. 3.2.1992 - 19 U 16/91, OLGReport Düsseldorf 1992, 136 = NJW-RR 1992, 1407; NJW-RR 1992, 1532; OLG Hamm MDR 2001, 1186; Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl., GKG § 63 Rz 40; Egon Schneider, Anmerkung zu BGH MDR 1977, 925 f.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 4162).
Die sich infolge nachträglicher Änderung des Streitwerts herausstellende Unrichtigkeit einer rechtskräftigen Kostenentscheidung zwinge nicht zu deren Berichtigung. § 63 Abs. 3 GKG sehe die Korrektur einer unzutreffenden Festsetzung des Streitwerts ohne Berücksichtigung der Auswirkung auf eine rechtskräftige Kostenentscheidung vor. Diese Regelung habe die Wahrung fiskalischer Interessen zum Gegenstand. Die Gebühren für die Staatskasse und die Prozessbevollmächtigten der Parteien seien nach dem wahren - wenn auch erst nach Rechtskraft für richtig befundenen - Gebührenwert angefallen. Ein Eingriff in diese Rechtspositionen aus der Erwägung, der Schein der Richtigkeit des Urteils müsse gewahrt werden, sei nicht gerechtfertigt.
Gem. § 42 Abs. 1 S. 1 GKG sei für den Gebührenstreitwert bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht grundsätzlich der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeblich. Hier habe jedoch ...