Leitsatz

  1. Änderung der Kostenverteilung für den Winterdienst eines Wohnwegs und des Bürgersteigs weitgehend zugunsten der Stellplatz-Teileigentümer im vorliegenden Einzelfall ohne sachlichen Grund
  2. Verzicht auf Einholung eines kostenintensiven Sachverständigengutachtens kann Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen
 

Normenkette

§ 16 Abs. 3 und 5 WEG

 

Kommentar

  1. In einer Gemeinschaft gab es 4 Häuser (als je ein Wohnungseigentum) und 1 Tiefgarage mit 9 Stellplatz-Teileigentumseinheiten, also insgesamt 13 Einheiten. 5 Miteigentümer besaßen ausschließlich je ein Stellplatzeigentum. Auf dem Anwesen verlief ein Wohnweg, der auch zum Tiefgarageneingang führte. Nach Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung waren u. a. auch die Kosten des Wohnwegs von allen Eigentümern nach Kopfanteilen zu tragen. Beschlossen wurde zuletzt, dass die Kosten für den Winterdienst des Wohnwegs und auch des Bürgersteigs vor dem Anwesen von den Wohnungseigentümern zu je 22,4 % (insgesamt also 90 %) und von den 5 "reinen" Stellplatzeigentümern (mit Wohnungen auf Nachbargrundstücken) zu je 2 % (insgesamt also 10 %) zu tragen seien, analog den vereinbarten Miteigentumsanteilen.

    Weiterhin wurde durch Negativbeschluss die Einschaltung eines Bausachverständigen beschlossen, um Feuchtigkeitsschäden in der Tiefgarage aufzuklären.

  2. Winterdienstkosten sind gemeinschaftliche Betriebskosten i.S.d. § 16 Abs. 3 WEG (hier: der Straßenreinigungskosten). Keine Voraussetzung des § 16 Abs. 3 WEG ist es, dass Betriebskosten nach Verbrauch oder Verursachung erfasst werden müssen. Betriebs- bzw. Verwaltungskosten i.S.d. § 16 Abs. 3 WEG können nach Verbrauch oder nach Verursachung erfasst und verteilt werden; möglich ist es darüber hinaus allerdings auch, diese Kosten nach einem anderen Maßstab umzulegen, soweit dieser Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Die Möglichkeit der Verbrauchs- oder Verursachungserfassung ist demnach eine der Rechtsfolgen des § 16 Abs. 3 WEG, nicht Voraussetzung der Norm. Es wäre auch widersinnig, Kosten nach Verbrauch oder Verursachung erfassen zu müssen, wenn man diese Kosten gar nicht nach Verbrauch oder Verursachung, sondern nach einem "anderen Maßstab" i.S.d. § 16 Abs. 3 WEG verteilen wollte.
  3. Aus § 16 Abs. 5 WEG ergibt sich die Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG auch dann, wenn in der Gemeinschaftsordnung keine entsprechende Öffnungsklausel vereinbart ist. Allerdings muss ein Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, was vorliegend zu verneinen war. Zwar besitzen Eigentümer einen weitgehend der Überprüfung durch das Gericht entzogenen Ermessensspielraum, wobei die Grenzen des Ermessens anhand aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen sind (vgl. u. a. auch Spielbauer/Then, § 16 Rz. 49). Insoweit müssen die Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Eigentümer angemessen berücksichtigt werden (so auch die Gesetzesbegründung). Weiterhin darf eine Beschlussentscheidung nicht willkürlich sein; deshalb muss auch ein sachlicher Grund für die Änderung eines bislang geltenden Kostenverteilungsschlüssels vorliegen (h.M.). Die Anforderungen an den sachlichen Grund dürfen allerdings auch nicht überspannt werden. Vorliegend entspricht eine Änderung der Kostenverteilung der Winterdienstkosten (bezüglich Wohnweg und Gehsteig) von 22,5 % für die Wohnungs- und Stellplatzeigentümer und nur 2 % für die Nur-Stellplatzeigentümer nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung. Dies stellt sich als eine Verteilung nunmehr nach Miteigentumsanteilen gegenüber in der Gemeinschaftsordnung vereinbarter kopfteilgleicher Verteilung dar. Grundsätzlich können zwar unterschiedliche Gebrauchsmöglichkeiten eines Wohnwegs und eines Gehsteigs mitberücksichtigt werden; allerdings dürfen auch vorliegend Wohnungseigentümer (mit Stellplatz) nicht mehr als zehnmal stärker belastet werden als Stellplatzeigentümer ohne Wohnungseigentum. Der Wohnweg dient hier nämlich auch als regulärer Eingang zur Tiefgarage und auch zugleich als Notausgang für die Tiefgarage, zugleich auch als Zugang zum gemeinschaftlichen Tiefgaragendach, das von allen Eigentümern der WEG gleichermaßen genutzt werden kann. Weiterhin besteht sowohl am Wohnweg wie insbesondere am Gehsteig die Verkehrssicherungspflicht aller Eigentümer, und zwar unabhängig von Nutzungsintensitäten. Hier haften auch alle Eigentümer bei Verletzung nach Kopfteilen, was durch § 16 Abs. 3 WEG nicht ausgeblendet werden darf. Einem angemessenen Interessenausgleich dient deshalb der gefasste Beschluss nicht.
  4. Demgegenüber hatten die Kläger keinen Anspruch darauf, die an der Tiefgarage auftretenden Feuchtigkeitsschäden zunächst von einem Bausachverständigen eruieren zu lassen. Der Verzicht auf ein kostenintensives Sachverständigengutachten zur genauen Feststellung des Sanierungsumfangs war vorliegend nicht sachwidrig oder gar willkürlich (vgl. BayObLG, NJW-RR 1999, S. 307/308 und OLG München, ZMR 2007, S. 557). Zum Zeitpunkt der insoweit maßgeblichen Beschlussfassung konnten die Eigentümer auc...

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