Leitsatz

Die Abänderung einer im Grundbuch eingetragenen Vereinbarung ist ihrerseits als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eintragungsfähig. Es spielt keine Rolle, dass die Änderungsvereinbarung einseitig widerruflich ist (hier: Nutzung bestimmter Bereiche von Sondernutzungsflächen durch die übrigen Wohnungseigentümer mit entsprechender Kostenregelung)

 

Normenkette

§§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2, Abs. 3, 13 Abs. 2 WEG

 

Das Problem

  1. Nach einem Prozessvergleich unterliegen den verdinglichten (= zum Inhalt des Sondereigentums gemachten) Sondernutzungsrechten einer P.-GmbH (Rasen, Wald- und Spielplatzflächen) nicht die Zuwegungen und Fahrtflächen. Ferner ist im Vergleich vereinbart, dass, soweit der P.-GmbH Sondernutzungsrechte eingeräumt sind, diese den übrigen Wohnungseigentümern ein "jederzeit widerrufliches Nutzungsrecht" an den Rasen- und Spielplatzflächen einräumt. Die Einräumung des "Nutzungsrechts" soll keine Rechtspflichten der anderen Wohnungseigentümer begründen und nicht die Aufgabe des Sondernutzungsrechts an diesen Flächen darstellen.
  2. Die Wohnungseigentümer beantragen, diesen Vergleich als Ergänzung zur bisherigen Gemeinschaftsordnung in die Wohnungsgrundbücher eintragen zu lassen und auch zum Inhalt des Sondereigentums zu machen.
  3. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. Der Inhalt des gerichtlichen Protokolls über den Prozessvergleich "sei nicht eintragungsfähig". Es handle sich um ein rein schuldrechtlich vereinbartes Sondernutzungsrecht; dieses sei jederzeit widerruflich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat Erfolg! Vereinbart sei nicht die Begründung neuer "Nutzungsrechte" (der übrigen Wohnungseigentümer) an einem Recht der P.-GmbH, sondern eine Änderung ihres bestehenden Sondernutzungsrechts. Diese Änderung könne in das Grundbuch eingetragen werden.
  2. Sondernutzungsrechte seien Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, durch die gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 1 WEG einem Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen Eigentümer der alleinige Gebrauch von Teilen oder auch des gesamten gemeinschaftlichen Eigentums eingeräumt werde. Häufig werde der Inhalt eines Sondernutzungsrechts als aus 2 Komponenten bestehend beschrieben, nämlich dem Ausschluss der übrigen Eigentümer vom weiteren Mitgebrauch am gemeinschaftlichen Eigentum als negative Komponente und der Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an den berechtigten Wohnungseigentümer als positive Komponente. Sondernutzungsrechte könnten als Inhalt des Sondereigentums mit den in § 10 Abs. 3 WEG bezeichneten Wirkungen ins Grundbuch eingetragen werden, ohne dass sie dadurch selbst zum dinglichen Recht würden.
  3. Nach dem Grundbuchstand sei der P.-GmbH ein Sondernutzungsrecht an allen oberirdischen, nicht überbauten Flächen vorbehalten. Der Prozessvergleich habe dieses Sondernutzungsrecht zum Gegenstand, indem es dessen Inhalt hinsichtlich bestimmter Flächen (Zuwegungen und Fahrtflächen) teils klarstellend regelt, teils weitergehend, nämlich bezogen auf die Nutzungsmöglichkeiten der übrigen Wohnungseigentümer für Rasen- und Spielplatzflächen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG könnten die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander grundsätzlich frei regeln. Allgemeine Schranken wie gesetzliche Verbote, Grundrechte anderer, Treu und Glauben oder zwingende Grundprinzipien und -strukturen des Wohnungseigentumsrechts seien nicht berührt. Insbesondere stehe die einem Sondernutzungsrecht immanente "Ausschließlichkeitskomponente" der Eintragung nicht entgegen. Es sei anerkannt, dass ein Sondernutzungsrecht (von Anfang an oder im Weg der Änderung) so ausgestaltet werden könne, dass die dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Teile des gemeinschaftlichen Eigentums zu bestimmten Zwecken von den anderen Miteigentümern betreten oder benutzt werden dürfen.
  4. Dass das Nutzungsrecht "jederzeit widerruflich" sei, stehe der Eintragungsfähigkeit der insoweit auflösend bedingten Vereinbarung schon deshalb nicht entgegen, weil Vereinbarungen, die im Grundbuch eingetragen sind, nicht von ihrer jederzeitigen Abänderbarkeit durch die Wohnungseigentümer ausgenommen seien. Dass die vergleichsweise getroffene Regelung unter dem Vorbehalt ihrer der Sache nach einseitigen Widerruflichkeit stehe, rechtfertige kein anderes Ergebnis; denn ihren Charakter als Vereinbarung büße sie damit nicht ein, und ihre Eintragungsfähigkeit als solche nach § 10 Abs. 3 WEG werde dadurch nicht infrage gestellt.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wird durch einen gerichtlichen Vergleich eine verdinglichte Vereinbarung – eine Vereinbarung, die nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG zum Inhalt der Sondereigentumsrechte gemacht wurde – geändert, sollte diese schuldrechtliche Änderung für einen "Wegerwerb" stets ihrerseits verdinglicht werden.
  2. Für die Eintragung bedarf es auch der gegebenenfalls notwendigen Zustimmung von dem dinglich Berechtigten am Wohnungseigentum, dessen Sondernutzungsrecht betroffen ist (siehe § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG), ferner der Klärung, ob es seit Abschluss des Vergleichs zum ...

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