Leitsatz
Allstimmiger "Beschluss" hinsichtlich der Abänderung eines Stellplatz-Sondernutzungsrechts ist der Sache nach eine Vereinbarung über die Abänderung der Teilungserklärung
Normenkette
§ 10 Abs.2 WEG, 15 Abs.1 WEG; § 873 Abs.2 BGB
Kommentar
1. In einer Eigentümerversammlung 1993 wurde u.a. die Verlegung eines Stellplatzes im vereinbarten Sondernutzungsrecht einstimmig (im Sinne von allstimmig) "beschlossen" und gleichzeitig der Verwalter bevollmächtigt, "die entsprechenden nötigen Handlungen grundbuchmäßig vorzunehmen". Ein Eigentümer verkaufte dann seine Wohnung mit dem im Beschluss angesprochenen Stellplatz-Sondernutzungsrecht; 1998 wurde der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. In tatsächlicher Hinsicht war der seinerzeitige "Beschluss" von 1993 bereits ausgeführt; eine Eintragung der Änderung im Grundbuch wurde allerdings bislang nicht vorgenommen. 1995 war es zwischen einer weiteren Eigentümerin und dem Verkäufer der ursprünglichen Wohnung mit dem Stellplatz-Sondernutzungsrecht zum Streit gekommen (primär über die Kostentragung der durchgeführten Stellplatzverlegung und anderer beschlossener Veränderungsmaßnahmen). Die Antragstellerin beantragte hier, dem Verkäufer und auch Rechtsnachfolger zu untersagen, ein Kfz auf den veränderten Platz zu stellen. Der verkaufende Miteigentümer stellte demgegenüber den Gegenantrag, die Antragstellerin zu verpflichten, einer Änderung der Teilungserklärung bezüglich des verlegten Stellplatzes zuzustimmen und alle notwendigen Erklärungen für eine Eintragung der Änderung der Teilungserklärung im Grundbuch abzugeben.
Entgegen der Meinung der Vorinstanz führte der Gegenantrag zum Erfolg, d.h. zur Verpflichtung der Antragstellerin, gemäß schuldrechtlicher Vereinbarung von 1993 (der "allstimmige Beschluss") ihre Einigung über die Verlegung des Stellplatzes zu erklären und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.
2. Durch den Eigentumsübergang während des Verfahrens verloren die Verkäufer (Antragsgegner zu 1.) ihr Gegenantragsrecht nicht; § 265 ZPO ist entsprechend anzuwenden (h.R.M., vgl. zuletzt Senat mit Beschluss vom 02.03.2001, Az.: 2Z BR 127/00).
3. Im vorliegenden Fall haben die Eigentümer 1993 eine wirksame "schuldrechtliche Vereinbarung" über die Verlegung des Stellplatzes geschlossen. Diese schuldrechtliche Vereinbarung erfolgte gemäß § 10 Abs.1 WEG. Dies gilt auch dann, wenn das Sondernutzungsrecht wie hier in der Teilungserklärung begründet wurde, weil die Teilungserklärung ab dem Zeitpunkt, ab dem sie von dem teilenden Eigentümer nicht mehr einseitig abgeändert werden kann, einer Vereinbarung gleichsteht (vgl. BGH, WM 2000, 682).
Eigentümerbeschlüsse der Wohnungseigentümer sind "aus sich heraus" objektiv und normativ auszulegen. Was vorliegend von allen Eigentümern entschieden wurde, ergibt sich aus der Protokollierung. Der "Beschluss" über die Verlegung des Stellplatzes steht und fällt seinem Inhalt nach auch nicht mit einer Regelung der Kostenfrage, da dies (mit Ausnahme der Notarkosten) in der Sitzungsniederschrift keinen Niederschlag gefunden hat.
Der Sache nach handelte es sich bei dem "Beschluss" aller Eigentümer um eine Abänderung der in der Teilungserklärung niedergelegten Regelung, d. h. um eine Vereinbarung über die Abänderung der Teilungserklärung.
Ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht ist weder ein dingliches noch ein grundstücksgleiches Recht, sondern ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht. Mit der Eintragung im Grundbuch bewirkt es allerdings eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte, so dass hierzu gem. § 877 BGB in entsprechender Anwendung des § 873 BGB die dingliche Einigung aller Wohnungseigentümer erforderlich ist (vgl. BGH, WPM 2000, 682, 684). Demzufolge ist auch die Einigung aller Eigentümer erforderlich, wenn - wie hier - das eingetragene Sondernutzungsrecht für einen Stellplatz angeändert und die Änderung mit der Wirkung des § 10 Abs.2 WEG im Grundbuch eingetragen werden soll.
Die Einigung ist formfrei (vgl. §§ 877, 873 Abs.1, 925 Abs.1 BGB und § 4 Abs.2 WEG). Die Abgabe der erforderlichen Einigungserklärungen kann in der Vereinbarung der Wohnungseigentümer (1993) gesehen werden. Ein entsprechender Wille der Eigentümer ergibt sich zumindest aus dem Umstand, dass sie den Verwalter bevollmächtigt haben, "die entsprechenden nötigen Handlungen grundbuchmäßig vorzunehmen". Nach den §§ 877, 873 Abs.2 BGB sind vor der Eintragung die Beteiligten an die Einigung jedoch nur gebunden, wenn die Erklärungen notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Teil eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt hat. Daran fehlte es hier; die Antragstellerin konnte somit ihre Einigungserklärung einseitig widerrufen.
4. Aufgrund der wirksamen schuldrechtlichen Vereinbarung von 1993 ist die Antragstellerin allerdings verpflichtet, ihre Einigungserklärung über die Inhaltsänderung aller Wohnungseigentum...