Leitsatz
Enthält ein Erbvertrag neben der Einsetzung der Abkömmlinge als Erben zu ½ ferner die Ermächtigung zur Abänderung der Erbquote, so ist diese Bestimmung ohne besondere Anhaltspunkte im Willen des Erblassers nicht dahingehend zu verstehen, dass der Letztversterbende die Erbquote eines der Kinder auf null setzen darf.
Sachverhalt
Die Eheleute, aus deren Ehe zwei Töchter hervorgegangen sind, haben einen Erbvertrag errichtet, nach dem der Überlebende von beiden Töchtern zu gleichen Teilen beerbt wird. Ferner sollte die ersteheliche Tochter des Erblassers 17 % des Nachlasses als Vermächtnis erhalten. Darüber hinaus wurde der überlebende Teil ermächtigt diese Anordnung noch zu ändern, insbesondere "durch eine anderweitige Festlegung der Erbquoten, soweit dadurch nicht dritte Personen einen …Vorteil erhielten" oder das Vermächtnis geschmälert würde.
Die Ehefrau errichtete nach dem Tod des Ehemannes ein privatschriftliches Testament, in dem sie die eine Tochter auf den Pflichtteil setzte. Diese Tochter hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der beide Töchter als Erben zu je ½ ausweist.
Entscheidung
Der erbvertragliche Änderungsvorbehalt der Erblasser ist zulässig und schließt grundsätzlich eine Enterbung eines Schlusserben nicht aus. Jedoch wird der Vorbehalt in seinem zweiten Halbsatz durch eine Aufzählung verschiedener Beispiele konkretisiert, was für die Annahme spricht, dass der Änderungsvorbehalt die Möglichkeit der Enterbung nicht eröffnen sollte. Ferner legt die Verwendung des Begriffes "Quote" nahe, dass keine Festlegung auf einerseits 100 % und andererseits 0 % erfolgen sollte, denn wer gar nichts mehr erhalten soll, bekommt nach dem allgemeinen Verständnis und Sprachgebrauch auch keine Quote. Auch die Belastung der Erben mit der Auszahlung des Barvermächtnisses würde dann in seiner Regelung keinen Sinn mehr ergeben, wonach das Vermächtnis in Höhe von 17 % auf die jeweilige Erbquote angerechnet werden sollte. Daher war eine gänzliche Enterbung vom Wortlaut des Erbvertrages nicht gedeckt.
Etwas anderes ergäbe sich nur, wenn die Erblasser den Erbvertrag dahingehend verstanden wissen wollten, dass auch eine Enterbung möglich sein sollte. Die eine Beteiligte hat vorgetragen, der seinerzeit amtierende Notar habe diese Klausel standardmäßig und in dem Sinne verwendet, dass die Parteien eine umfassende Änderungsbefugnis haben sollten, die auch eine Enterbung mit einschließen sollte. Dieser Behauptung ist noch durch die Vernehmung des Notars nachzugehen, weshalb die Sache zurückzuverweisen war.
Hinweis
Soll dem überlebenden Ehegatten auch das Recht zur Enterbung vorbehalten werden, so ist dies ausdrücklich im gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag zu vereinbaren.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.01.2007, I-3 Wx 256/06