Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung eines Farbfernsehgerätes
Leitsatz (redaktionell)
Es muß die Möglichkeit belassen werden, zumindest mit einem wenn auch noch so bescheidenen Gerät drahtlos ausgestrahlte und für jedermann bestimmte Sendungen zu empfangen.
Normenkette
ZPO §§ 803, 811 Nr. 1, § 825
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin nach einem Wert von 100,– DM bis 200,– DM zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 793 ZPO zulässige und ordnungsgemäß eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Erinnerung der Gläubigerin gegen die Weigerung des Obergerichtsvollziehers…, das Farbfernsehgerät in der Wohnung des Schuldners zu pfänden, zurückgewiesen.
Zwar hindert hier der Vortrag der Ehefrau des Schuldners, daß sie das Gerät mit in die Ehe gebracht habe, nicht die Durchführung der Zwangsvollstreckung, denn der Gerichtsvollzieher hat grundsätzlich nur die Gewahrsams- und nicht die Eigentumsverhältnisse zu prüfen. Nach § 739 ZPO ist hier der Schuldner als Gewahrsamsinhaber anzusehen.
Auch die Vorschrift des § 803 Abs. 2 ZPO steht einer Pfändung des Fernsehgerätes nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift muß die Pfändung unterbleiben, wenn zu erwarten ist, daß die Verwertung des zu pfändenden Gegenstandes keinen die Kosten der Zwangsvollstreckung übersteigenden Betrag erbringt. Hiervon ist nach der Stellungnahme des Gerichtsvollziehers auszugehen.
Hier hat die Gläubigerin jedoch zugesichert, nach Pfändung des Farbfernsehgerätes gemäß § 825 ZPO einen Antrag auf Eigentumszuweisung zu einem Preis von 180,– DM zu stellen. Da einer Stattgabe dieses Antrages unter den hier gegebenen Voraussetzungen nichts im Wege stehen dürfte und die reinen Pfändungskosten unter 180,– DM liegen, steht hier einer Pfändung des Gerätes aus diesem Grunde nichts entgegen.
Das Farbfernsehgerät ist hier jedoch gemäß § 811 Nr. 1 ZPO unpfändbar. Nach dieser Vorschrift sind die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt des Schuldners dienenden Sachen nicht der Pfändung unterworfen, soweit der Schuldner diese Sache zu einer seiner Verschuldung angemessenen, bescheidenen Lebens- und Haushaltsführung benötigt. Anerkanntermaßen setzt § 811 Nr. 1 ZPO für die Unpfändbarkeit nicht voraus, daß die Sachen in einem strengen Sinne unentbehrlich sein müssen; die Vorschrift gewährt vielmehr einen über die völlige Armut hinausgehenden Schutz. Auszugehen ist hier von der gefestigten Rechtsprechung, daß dem Schuldner die Möglichkeit belassen werden muß, zumindest mit einem wenn auch noch so bescheidenen Gerät drahtlos ausgestrahlte und für jedermann bestimmte Sendungen zu empfangen. Deshalb darf nach herrschender Meinung bei einem Schuldner, der nur über ein Radiogerät verfügt, dieses nicht gepfändet werden. Gleiches hat auch dann zu gelten, wenn der Schuldner lediglich über ein Fernsehgerät verfügt (vgl. zum Streitstand LG Bochum, DGVZ 1983, 12 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Da nach Auskunft des Obergerichtsvollziehers F… der Schuldner lediglich noch ein defektes Radiogerät besitzt, ist er für seine Informationen auf das Fernsehgerät angewiesen. Bereits aus diesem Grunde ist hier das Farbfernsehgerät unpfändbar.
Deshalb kann hier dahinstehen, ob ein Fernsehgerät auch dann unpfändbar ist, wenn der Schuldner daneben noch ein Radiogerät besitzt (bejahend: LG Nürnberg/Fürth, NJW 1978, 113; LG Gießen, NJW 1979, 769).
Die grundsätzliche Unpfändbarkeit des Farbfernsehgerätes schließt selbstverständlich nicht aus, daß ein teures Farbfernsehgerät im Wege der Austauschpfändung durch ein einfaches Schwarz-Weiß-Gerät ersetzt wird.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Fundstellen