Tenor

1. Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der Wohnanlage … vom 25. April 2016 zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7 werden für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 Prozent vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gültigkeit von Versammlungsbeschlüssen.

Die Kläger und die Beklagten bilden die Eigentümergemeinschaft …. Der Gemeinschaft liegt die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vom 11. Oktober 1982 (UR-Nr. …) zugrunde, wegen deren genauen Inhalts auf Blatt 18 bis Blatt 32 der Gerichtsakten verwiesen wird.

Auf der Versammlung vom 25. April 2016 nahm die Gemeinschaft u.a. folgende Beschlussanträge an:

Unter dem Tagesordnungspunkt 6:

„Die Eigentümergemeinschaft beschließt die mineralische Dämmung der hofseitigen Fassade – analog der erfolgten straßenseitigen Fassadendämmung. Die Gemeinschaft beschließt weiterhin die Auftragsvergabe einschließlich aller erforderlichen Nebenarbeiten zu einem Auftragsvolumen von ca. EUR 150.000,00 EUR brutto zzgl. der Kosten für die Baubetreuung.

Die Eigentümergemeinschaft beauftragt das Ingenieurbüro … mit der Baubetreuung zu einem pauschalen Auftragswert in Höhe von 12.495,00 EUR brutto. Dies beinhaltet insbesondere die Erstellung des Leistungsverzeichnisses und des Preisspiegels, die Abstimmung und Vergabe, der Abschluss eines Bauvertrages im Namen der Gemeinschaft, die Vornahme regelmäßiger Baustellenbegehungen, das Führen sämtlicher Korrespondenz mit den Auftragnehmern und Dritten, die sachliche und rechnerische Prüfung aller Baurechnungen einschließlich der Zahlungsanweisungen zu Lasten der Gemeinschaft, die Abnahme der Bauleistung im Namen der Gemeinschaft, die Übernahme der Gewährleistungsverfolgung im Rahmen des Bauvertrages. Die Finanzierung erfolgt aus der Instandhaltungsrücklage.

Die Auswahl von Materialien erfolgt in Zusammenarbeit mit der Baukommission, ersatzweise in Eigenregie. Die Vorauswahl der Farbgebung erfolgt in Abstimmung mit der Baukommission. Über die Auswahl der ausführenden Firma und über das Farbkonzept soll in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung abgestimmt werden.”

Unter dem Tagesordnungspunkt 7:

„Die Gemeinschaft bildet eine Baukommission für die unter TOP 6 beschlossene Baumaßnahme. Die Baukommission besteht aus den Eigentümerinnen und Eigentümern Herrn …, Frau …, Frau …, Herrn ….

Zweck der Baukommission ist die Einbeziehung der Eigentümer in die Erstellung des Leistungsverzeichnisses, des Preisspiegels sowie der Auswahl der für die o.g. Baumaßnahme zu verwendenden Materialien und Vorauswahl für die Farbgebung.”

Der Beschluss zum Tagesordnungspunkt 6 wurde mit 6.538/10.000steln Ja-Stimmen, bei 1.252/10.000steln Nein-Stimmen als angenommen verkündet. Der Beschluss zum Tagesordnungspunkt 7 wurde mit 6.538/10.000steln Ja-Stimmen, bei 212/10.000steln Neinstimmen und 424/10.000steln Stimmenthaltungen als angenommen verkündet.

Die Klägerin zu 1) rügt in ihrer bei Gericht am 27. Juni 2016 eingegangenen Klagebegründung unter anderem folgende Anfechtungspunkte:

  • Die Beschlüsse seien nicht mit ausreichender Mehrheit zustande gekommen, da diese mit qualifizierter Mehrheit nach § 22 Abs. 2 WEG zu beschließen seien, woran es fehle. Es verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, die Beschlussvorlage als „bauliche Veränderung” zu qualifizieren.
  • Es verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, dass damit auch die im Jahre 2007 sanierten Balkone einer erneuten Modernisierung ausgesetzt seien.
  • Da die Geländer der Balkone an der Fassade befestigt seien, müsse insoweit eine konstruktive Lösung gefunden werden, was nicht erfolgt sei und auch nicht geprüft wurde.
  • Es fehle auch an einer ausreichenden Planung der Maßnahme, da kein Energieberater hinzugezogen worden sei, um die konkreten Einzelmaßnahmen miteinander zu vergleichen und die bestmögliche und energieeffizienteste Maßnahme zu finden.
  • Die Bestimmung des Kostenrahmens sei fehlerhaft, da keine Alternativ- oder Vergleichsangebote eingeholt worden seien und der Beschluss lediglich auf einer Schätzung eines Ingenieurs veranschlagte wurde.

Der Kläger zu 2) schließt sich in seiner bei Gericht am 27. Juni 2016 eingegangenen Klagebegründung der Begründung des Klägers zu 1) an und rügt zusätzlich:

  • Der Beschluss wahre nicht die Mehrheit des § 6 Nr. 1 der Gemeinschaftsordnung von 2/3 aller Wohnungseigentümer.
  • Es liege eine Beeinträchtigung des Klägers vor, da das äußere Erscheinungsbild erheblich verändert, die Fensteröffnung erheblich verkleinert und der Lichteinfall verringert werde. Auch die nutzbare Fläche der Balkone werde hierdurch verkleinert.
  • Ohne Entkoppelung der Balkone vom übrigen Mauerwerk sei mit Kälte- und Wärembrücken und dadurch mit Feuchtigkeits- und Schimmelbildung zu rechnen. Das eine solche Entkoppelung vorgesehen sei, sei nicht ersichtlich.
  • Der Beschluss zu TOP 7 sei insoweit sinnlos und verursache unnötige Kosten. De...

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