Tenor

1. Die in der Eigentümerversammlung vom 29. November 2004 gefassten Beschlüsse zum Tagesordnungspunkt 3 (Jahresgesamt- und Einzelabrechnung 2003), Tagesordnungspunkt 4 (Entlastung des Verwalters für 2003); Tagesordnungspunkt 5 (Entlastung des Beirats für 2003) und Tagesordnungspunkt 8 (Verlängerung des Verwaltervertrages) werden für ungültig erklärt.

2. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird die Wirksamkeit die Beschlusses wegen des Tagesordnungspunktes 8 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens einstweilen ausgesetzt.

3. Im Wege der einstweiligen Anordnung wird zur Verwalterin der Wohnungseigentumsanlage … in … Berlin-Neukölln die …, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer … Berlin, bestellt.

4. Die Beteiligte zu III. hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

5. Der Geschäftswert wird auf 25.529,20 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten sind die Eigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Der Antragsteller ist als ehemaliger Alleineigentümer noch Wohnungseigentümer der Wohnungen Nr. … und …. Die Beteiligte zu III. ist Verwalterin der Anlage.

In einer Eigentümerversammlung am 29. November 2004 beschlossen die Eigentümer zum Tagesordnungspunkt (im Folgenden: TOP) 3 die Jahresgesamt- und Einzelabrechnung 2003, zu TOP 4 die Entlastung des Verwalters für 2003, zu TOP 5 die Entlastung des Beirats für 2003 und zu TOP 8 die „Verlängerung des Verwaltervertrages”. Für genauen Wortlaut wird insoweit auf die Kopie der Niederschrift, Bl. 18 ff. d.A., verwiesen.

Die Jahresabrechnung 2003 weist nicht den Stand und die Entwicklung der gemeinschaftlichen Kosten aus. Sie enthält Kosten, die ggf. für die Reparatur von Sondereigentum angefallen sind. Für die genauen Umstände des so genannten Wasserschadens wird insoweit auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 30. März 2005, dort S. 2 ff., verwiesen. In der Jahresabrechnung werden entgegen § 16 Abs. 5 WEG Rechtsverfolgungskosten auf den Antragsteller umgelegt. Außerdem werden die Kosten für die Stellung einer Strafanzeige gegen die Ehefrau des Antragstellers umgelegt. Schließlich hat die Verwalterin mit der Jahresabrechnung nicht vereinbarte Sondervergütungen abgerechnet. Für die Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 30. März 2005, dort S. 76 ff., verwiesen.

Im Verfahren Amtsgericht Neukölln, 70 II 209/02. WEG, erklärte das Gericht von der Verwalterin erstellte Jahresabrechnungen für die Jahre 1999, 2000 und 2001 teilweise bzw. vollständig für unwirksam.

Die Einheiten des Antragstellers werden seit dem Februar 2005 zwangsverwaltet.

Der Antragsteller ist der Ansicht:

Die unstreitigen Fehler der Jahresabrechnung 2003 ließen den Schluss zu, dass die Verwalterin nicht geeignet sei.

Der Antragsteller beantragt nach Rücknahme eines Anfechtungsantrages wegen einer Geschäftsordnungsmaßnahme in der Versammlung vom 29. November 2004 mit am 28. Dezember 2004 gefaxtem Schriftsatz,

die in der Eigentümerversammlung vom 29. November 2004 gefassten Beschlüsse zum Tagesordnungspunkt 3 (Jahresgesamt- und Einzelabrechnung 2003), Tagesordnungspunkt 4 (Entlastung des Verwalters für 2003), Tagesordnungspunkt 5 (Entlastung des Beirats für 2003) und Tagesordnungspunkt 8 (Verlängerung des Verwaltervertrages) für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner beantragen,

die Anträge abzuweisen.

Sie sind der Ansicht:

Der Antragsteller sei nach Anordnung der Zwangsverwaltung nicht mehr befugt, Beschlüsse anzufechten. Er besitze auch kein Rechtsschutzbedürfnis.

 

Entscheidungsgründe

B.

Der zulässige Antrag ist begründet.

I.

Der Antrag ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG im Wohnungseigentumsverfahren statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller neben dem Zwangs verwalter auch anfechtungsbefugt (a.A. BayObLG NJW-RR 1991, 723, 724).

1) Dies folgt bereits daraus, dass der Eigentümer nach Aufhebung einer Zwangsverwaltung z.B. aus einem Beschluss über den Wirtschaftsplan haftet (siehe dazu Häublein, ZflR 2005, 337 ff.; a.A. Drasdo, Die Eigentümerversammlung, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 768). Im Übrigen daraus, dass der Antragsteller unmittelbar von den Beschlüssen betroffen ist. Zwar stehen seine Einheiten mittlerweile unter Zwangsverwaltung. Im Falle einer Zwangsverwaltung haftet aber neben dem Zwangsverwalter auch weiterhin der Eigentümer der Wohnung auf Ausgleich fälliger Wohngelder als Gesamtschuldner (OLG Köln DWE 1989, 30; AG Neukölln, Beschl. v. 23. Mai 2005, 70 II 222/04. WEG; Weitnauer/Gottschalg, 9. Aufl. 2005, § 16 WEG Rdnr. 42; Wolicki, in: Köhler/Bassenge, 1. Aufl. 2004, Teil 19 Rz. 294; Rechenberg/Schmidt, Potsdamer Tage rund um das Wohnungseigentumsrecht 2001, S. 163, 188). Der Zwangsverwalter ist anders als bei den Mitgliedschaftsrechten wegen der Wohngelder nur neben dem Eigentümer – nicht anstelle – entsprechend §§ 155 Abs. 1 ZVG, 16 Abs. 2 WEG zur Zahlung verpflichtet (KG WE 2001, 9 = KGR 2001, 226). Der Zwangsverwalter ist daher auch zur Eigentümerversammlung zu laden (a....

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