Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 439,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2004 zu zahlen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Verweisung zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Abfassung eines Tatbestandes wird nach § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der ihm durch die vorgerichtliche Vertretung gegenüber seinem früheren Arbeitgeber entstandenen Kosten aus dem Rechtschutzversicherungsvertrag in Verbindung mit § 1 ARB 75. Die ihm gemäß §§ 13, 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2400 VV RVG von seinen Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellten Gebühren sind nicht unbillig im Sinne von §§ 14 Abs. 1 RVG, 315 BGB.

Grundsätzlich ist die Beklagte aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet, die dem Kläger durch die außergerichtliche Vertretung in seinem arbeitsrechtlichen Verfahren gegen seinen früheren Arbeitgeber entstandenen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Offenbleiben kann, ob der Kläger bezüglich seiner arbeitsrechtlichen Ansprüche sogleich einen Prozessauftrag hätte erteilen müssen und die Inanspruchnahme der außergerichtlichen Tätigkeit eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Beklagten darstellt. Die Beklagte hat nämlich mit Schreiben vom 04.10.2006 eine Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts erteilt. Hieran muss sie sich festhalten lassen. Mit ihrem Einwand, dem Kläger falle eine Obliegenheitsverletzung zur Last, die sie von ihrer Leistungspflicht befreie, stellt sie sich zu ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch. Aus diesem Grund ist es ihr nach § 242 BGB (venire contra factum proprium) verwehrt, sich auf eine etwaige Obliegenheitsverletzung zu berufen.

Der für den Kläger tätige Rechtsanwalt hat mit Kostennote vom 30.09.2004 2,5 Geschäftsgebühren nach Nr. 2400 VV-RVG, zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 2.221,40 EUR berechnet. Die Beklagte hat hierauf 1.781,76 EUR (2,0 Gebühren zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer) erstattet. Den Restbetrag in Höhe der Klageforderung hat (dies ist nunmehr unstreitig) der Kläger bezahlt.

Die berechneten 2,5 Gebühren nach Nr. 2400 VV-RVG sind nicht unbillig. Innerhalb des Gebührenrahmens der Ziffer 2400 von 0,5 bis 2,5 setzt der Rechtsanwalt die zutreffende Gebühr nach billigem Ermessen fest, § 14 RVG. Die Festsetzung ist einen einseitige Leistungsbestimmung durch den Gläubiger im Sinne von § 315 BGB. Der Rechtsanwalt hat bei der Ausübung seines Ermessens den Umfang seiner Tätigkeit und deren rechtliche und tatsächliche Schwierigkeit zu beachten. Er hat der Bedeutung der Angelegenheit für seinen Auftraggeber und dessen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Auch ein besonderes Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen. Durch die Ausübung des Gestaltungsrechts wird die Schuld mit Verbindlichkeit für beide Seiten festgesetzt. Die Bestimmung kann nur dann durch das Gericht ersetzt werden, wenn sie unbillig war.

Nach dem eingeholten Gutachten des Vorstands der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg vom 30.01.2007 ist die berechnete Geschäftsgebühr nicht ermessensfehlerhaft bestimmt. In diesem Gutachten wird Folgendes ausgeführt:

Die Bedeutung der Angelegenheit sei beim Verlust des Arbeitsplatzes als überdurchschnittlich einzustufen. Insbesondere werde sie nicht durch den Gegenstandswert von 28.000,00 EUR ausreichend berücksichtigt.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit werde als überdurchschnittlich beurteilt. Dies rechtfertige sich bereits daraus, dass der Rechtsanwalt mit dem Personalleiter des damaligen Arbeitgebers des Klägers gesprochen habe.

Die Schwierigkeit der Tätigkeit sei ebenfalls als überdurchschnittlich einzustufen. Dies ergebe sich aus der Inanspruchnahme eines Fachanwalts.

Die Einkommensverhältnisse des Klägers seien überdurchschnittlich.

Für die Bestimmung der Gebührenhöhe sei von der Mittelgebühr von 1,5 Geschäftsgebühren auszugehen. Die Begrenzung auf 1,3 Gebühren nach der Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG sei nicht vorzunehmen. Dies habe nur zu erfolgen, wenn die Angelegenheit weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Die leistungsbezogenen Tatbestandsmerkmale des § 14 RVG (Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit) rechtfertigten einen Aufschlag von 0,4 Punkten, die nichtleistungsbezogenen Tatbestandsmerkmale (Bedeutung der Angelegenheit und Einkommens- und Vermögensverhältnisse) von jeweils 0,2 Punkten. Danach sei eine Geschäftsgebühr in Höhe des 2,3 fachen Wertes angemessen. Die berechneten 2,5 Gebühren lägen noch im Toleranzbereich von 20 %.

Das Gericht schließt sich diesen nachvollziehbaren Ausführungen an. Offen bleiben kann vorliegend, ob für die Erhöhung um insgesamt 0,8 Punkte – wie die Beklagte meint – vom 1,3 fachen Wert auszugehen ist, oder von dem 1,5 fachen Wert. In beiden Fällen liegen die berechneten 2,5 Geschäftsgebühren no...

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