Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Bonuszahlung durch einen Stromanbieter bei unklarer Vertragsklausel
Leitsatz (amtlich)
Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Stromversorgers enthaltene Klausel "Wenn Sie als Neukunde einen Vertrag mit (dem Stromanbieter) schließen, bietet Ihnen (der Stromanbieter) einen einmaligen Bonus. Dafür darf das Vertragsverhältnis nicht vor Ablauf der ersten zwölf Versorgungsmonate von Ihnen selbst oder (dem Stromversorger) gekündigt werden" gibt auch demjenigen Kunden, dessen Vertragsverhältnis bereits mit Wirkung zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit gekündigt wird und damit nicht länger als zwölf Versorgungsmonate andauert, einen Anspruch auf die Bonuszahlung.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305 Abs. 2
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 125,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.09.2010 sowie 46,41 Euro (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) zu zahlen.
2.
Es wird - gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten - festgestellt, dass zwischen den Parteien kein wirksamer Vertragswechsel vom Stromtarif "Tarif 1710 - Winteraktion 3600er Young Familiy" auf einen "Tarif 1834 - Flex Strom 3600er Young Familiy Rabat" vereinbart wurde.
3.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 86% und der Kläger 14% zu tragen.
5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe begründet. Dem Kläger steht der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten bei Vertragsabschluss versprochenen Aktionsbonus' in Höhe von 125,00 Euro zu.
In der Vertragsbestätigung der Beklagten vom 03.02.2009 heißt es u.a.:
" Ihr Aktionsbonus: 125,00 EUR"
Ihren Aktionsbonus erhalten Sie wie vereinbart mit Ihrer ersten Jahresabrechnung."
Unstreitig wurde der Kläger von der Beklagten lediglich 12 Monate lang mit Strom beliefert, nämlich vom 01.04.2009 bis 31.03.2010, da er den Stromlieferungsvertrag mit Schreiben vom 22.12.2009 zum 1.04.2010 gekündigt hat. Unstreitig war der Kläger bei Vertragsabschluss Neukunde.
Zu Unrecht verweigert die Beklagte die Auszahlung des versprochenen Aktionsbonus' mit der Begründung, dass der als Prämie ausgestaltete Bonus dem Kläger nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Fassung von Januar 2009 - dort Ziffer 7.3. - nicht zustehe, weil dieser die Kündigung bereits zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit und damit während des ersten Belieferungsjahres ausgesprochen habe.
Die Klausel Ziffer 7.3. ist unwirksam. Die Zweifel bei der Auslegung gehen vorliegend gem. § 305 Abs.2 BGB zu Lasten der Beklagten. Unstreitig wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (in der Fassung von Februar 2009) in den streitgegenständlichen Vertrag wirksam einbezogen. Unter Ziffer 7.3. heißt es:
"Wenn Sie als Neukunde einen Vertrag mit FlexStrom schließen, bietet Ihnen FlexStrom einen einmaligen Bonus. Dafür darf das Vertragsverhältnis nicht vor Ablauf der ersten zwölf Versorgungsmonate von Ihnen selbst oder Flexstrom gekündigt werden."
Diese Regelung ist unklar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von der Verständnismöglichkeit eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständlichen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH NJW 01, 2165). Danach ist gem. §§ 133, 157 BGB davon auszugehen, dass der Kunde die Klausel so versteht, dass er den Aktionsbonus (der nicht etwa "Treuebonus" genannt wird) dann ausgezahlt bekommt, wenn der Vertrag 12 Monate ungekündigt durchgeführt wird, wenn also frühestens zum Ablauf der Mindestlaufzeit gekündigt wird. Der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde unterscheidet nämlich nicht zwischen Kündigungsausspruchszeitpunkt und Kündigungswirkungszeitpunkt. Dies tut nur der rechtlich vorgebildete Kunde. Will die Beklagte ausschließlich die Vertragstreue des Kunden belohnen, also Neukunden einen Treuebonus (eine Prämie) nur auszahlen, wenn sie mehr als 1 Jahr in der Belieferung verbleiben, so muss sie dies in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch so unmissverständlich ausdrücken.
Da sich die Beklagte aufgrund der anwaltlichen Mahnung des Klägers vom 19.08.2010 gem. §§ 286 Abs.1, 288 Abs.1 BGB in Zahlungsverzug befindet, war sie antragsgemäß auf Auszahlung der 125,00 Euro zu verurteilen.
Da die zulässige Feststellungsklage von der Beklagten anerkannt wurde, war insoweit durch Anerkenntnisteilurteil zu entscheiden.
Anspruch auf Zahlung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten für das anwaltliche Schreiben vom 19.08.2010 besteht gem. §§ 280 Abs.1, 286 Abs.1 BGB lediglich in Höhe von 46,41 Euro. Der Sachverhalt ist einfach gelagert und auch nicht besonders umfangreich, so dass eine 1,3 Geschäftsgebühr angemessen erscheint. Die Kostennote vom 19.08.2010 ist daher überhöht.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf ...