Tenor
wird der Obergerichtsvollzieher Scholz zu seiner Sonderakten-Nr. 3 DR II 1246/03 angewiesen, den Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin vom 26. Juni 2003 durchzuführen.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens haben die Schuldner zu tragen.
Gründe
Die Gläubigerin erwirkte gegen die Schuldner einen vollstreckbaren Titel vom 26. Nov. 1999, in dem die Beklagten u.a. verurteilt wurden, die Wohnung im Hause Gottschalkstr. 25 in 13359 Berlin-Wedding zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Die Gläubigerin hat erstmalig Anfang des Jahres 2000 die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungstitel betrieben, diese jedoch wieder zurückgenommen, weil die Beklagten Zahlung der Mietrückstände in Aussicht stellten. Bis zum Antrag vom 26. Juni 2003 beantragte die Klägerin noch weitere 4 × die Räumungsvollstreckung, die sie jeweils nach Absprache mit den Schuldnern, wonach diese die Mietrückstände ausgleichen wollten, zurückgenommen hatte. Auf den Räumungsantrag vom 26. Juni 2003 hin erklärte der Obergerichtsvollzieher Scholz in seinem Schreiben vom 30. Juni 2003, dass er die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt habe, weil nach seiner Ansicht aus dem Urteil nicht mehr vollstreckt werden könne. Die jeweils auf den dahingehenden Antrag der Gläubigerin vom Gerichtsvollzieher den Schuldnern zuzustellende Räumungsankündigung würde lediglich als Druckmittel gegen die Schuldner eingesetzt.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin vom 24. Juli 2003. Sie vertritt die Ansicht, der Obergerichtsvollzieher sei verpflichtet, die Zwangsräumung durchzuführen. Insbesondere sei der Titel nicht verwirkt. Es seien keinerlei Gründe für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung gegeben.
Die Erinnerung ist gem. § 766 ZPO zulässig. Sie ist darüberhinaus in vollem Umfang begründet. Der Obergerichtsvollzieher Scholz war anzuweisen, den Zwangsvollstreckungsauftrag hinsichtlich der Zwangsräumung der Wohnung der Schuldner auszuführen. Gründe für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung liegen nicht vor.
Die Zwangsvollstreckung ist nicht unzulässig. Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch verjährt in 30 Jahren, auch wenn er an sich einer kürzeren Verjährung unterliegt (§ 218 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Vollstreckungstitel ist auch nicht verwirkt. Zwar ist allgemein anerkannt, dass der Grundsatz der Verwirkung auch im Prozessrecht Anwendung findet; es ist jedoch streitig, ob gegen ein rechtskräftig festgestellten Anspruch überhaupt der Verwirkungseinwand geltend gemacht werden kann. Jedenfalls ist ein Recht nur dann verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass diese das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Vorliegend ist es jedoch unstreitig so, dass die Gläubigerin seit Anfang 2000 insgesamt 6 × die Räumungsvollstreckung betreiben wollte. Damit war für die Schuldner erkennbar, dass die Klägerin keinesfalls auf die Durchsetzung ihres rechtskräftig festgestellten Anspruchs verzichten werde.
Die Zwangsvollstreckung ist auch aus anderen Gründen nicht rechtsmissbräuchlich. Insbesondere ist die Verwendung des Vollstreckungstitels als „Druckmittel” nicht rechtsmissbräuchlich und stellt auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben dar. In der Natur des Vollstreckungstitel selbst liegt seine Funktion u.a. auch als Druckmittel begründet, das den Gläubiger in die Lage versetzt, seinen rechtskräftig festgestellten Anspruch auch durchzusetzen. Dass die Durchsetzung eines rechtskräftig festgestellten Anspruches letztlich nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt, setzt die Beachtung der Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts voraus. So kann der Schuldner, sofern die Zwangsvollstreckung für ihn eine unbillige Härte darstellt, unter den Voraussetzungen von § 756 a ZPO die Zwangsvollstreckung abwenden. Es liegt jedoch noch immer in der Hand des Schuldners, seine Rechte im Zwangsvollstreckungsverfahren selbständig zu beachten und geltend zu machen. Auch der Gerichtsvollzieher hat bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung, die eine Amtshandlung darstellt, das von ihm zu beobachtende Verfahren einzuhalten. Die Beurteilung, ob die Schuldner sich durch die Zwangsvollstreckung unter Druck gesetzt fühlen, kommt ihm nur bedingt zu. Vorliegend sind jedoch Umstände weder vorgetragen noch ersichtlich, die die Zwangsvollstreckung rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Insbesondere das Abwägen der Interessen der Schuldner und der Gläubigerin im vorliegenden Verfahren führt zu der Schlussfolgerung, dass den berechtigten Interessen der Gläubigerin auf Herausgabe der Wohnung zu beachtende Interessen der Schuldner nicht entgegenstehen. Vielmehr ist unstreitig, dass sich die Schuldner der Bezahlung eines Betrages, der sechs Monatsmieten umfasst, im Verzug befinden. Unter diesen Umständen ist es nicht erkennbar, warum es der Gläubigerin nicht zustehen soll, nunmehr auf die Räumung zu ...