Entscheidungsstichwort (Thema)
VV RVG Nr. 4102 Ziffer 3: Zum Entstehen einer Terminsgebühr bei Teilnahme an einem Termin zur Haftbefehlsverkündung
Tenor
wird die Erinnerung der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG, Köln, vom 03.12.2012 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bersenbrück vom 28.11.2012 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei, Kosten von Verfahrensbeteiligten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Deutsche Anwaltliche Verrechnungsstelle AG (AnwVS) macht in vorliegendem Verfahren Gebührenansprüche geltend, die ihr von dem zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt K. abgetreten worden waren.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.11.2012 erfolgte seitens des Amtsgerichts Bersenbrück antragsgemäße Festsetzung der geltend gemachten Forderungen mit Ausnahme eines Betrages in Höhe von 137,00 € zzgl. 19% Umsatzsteuer.
Statt der beanspruchten 689,96 € wurden demnach lediglich 526,93 € festgesetzt, gestützt darauf, dass eine Terminsgebühr gemäß Nr. 4102 Ziffer 3 i.V.m Nr. 4103 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VVRVG) für die Teilnahme des Verteidigers am Termin zur Haftbefehlsverkündung am 02.11.2012 nicht entstanden sei.
Dagegen wendet sich die AnwVS mit ihrer Erinnerung.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht hatte die Zurückweisung der Erinnerung als unbegründet beantragt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Stellungnahmen der AnwVS und des Bezirksrevisors verwiesen.
Die gemäß § 56 RVG zulässige Erinnerung ist unbegründet.
Für die Wahrnehmung des Termins zur Haftbefehlsverkündung am 02.11.2012 durch den Verteidiger Rechtsanwalts K. war eine Gebühr gemäß Nr. 4102 Ziffer 3 i. V. m. Nr. 4103 VVRVG nicht entstanden.
Sie entsteht nämlich nur dann, wenn der Verteidiger an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung teilnimmt, in denen über die Anordnung oder Fortdauer von Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung "verhandelt" wird. Ein solches "Verhandeln" ist mehr als die schlichte Anwesenheit des Verteidigers, wie sie etwa gemäß Nr. 4102 Ziffer 1 und 2 VVRVG bei der Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen oder an staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Vernehmungen ausreichend wäre.
Sinn und Zweck des "Verhandlungs"-Erfordernisses in Nr. 4102 Ziffer 3 VVRVG ist es, die häufig nur sehr kurzen reinen Haftbefehlsverkündungstermine nicht mit einer Gebühr nach Ziffer 3 zu honorieren (vgl. dazu BT-Dr. 15/1971, Seite 223).
Soweit der Verteidiger Rechtsanwalt K. im Hafttermin am 02.11.2012 beantragt hatte, als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, Akteneinsicht zu erhalten und eine mündliche Haftprüfung durchzuführen stellte auch das kein "Verhandeln" im Sinne von Nr. 4102 Ziffer 3 VVRVG dar. Es handelte sich dabei um rein formale Anträge ohne Begründung und ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit dem verkündeten Haftbefehl. Um derartige Anträge zu stellen, war eine Teilnahme des Verteidigers am Termin nicht notwendig, da derartige Anträge zum "Standardprogramm" eines Verteidigers gehören, die üblicherweise mit einem einzeiligen Schreiben/Fax an das Gericht gestellt werden.
Ein "Verhandeln" im Sinne von Nr. 4102 Ziffer 3 VVRVG liegt im Stellen derartiger Anträge nicht, auch nicht in der schlichten Teilnahme an der Haftbefehlsverkündung und zwar völlig unabhängig davon, ob der Beschuldigte von seinem gesetzlichen Schweigerecht Gebrauch macht oder nicht. Selbstverständlich darf ein Beschuldigter schweigen zur Sache, ebenso der Verteidiger; allerdings wird Nichtstun eines Verteidigers im Haftbefehlsverkündungstermin auch nicht bezahlt.
Die Gebühren- und Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.
Fundstellen