Entscheidungsstichwort (Thema)
Eine Nachzahlungsforderung aus einem Mietverhätnis bei Fortgeltung des Zeitraums der Insolvenzbehaftung des Mietverhältnisses ist begründet. Nachzahlungsforderung aus einem Mietverhätnis bei Fortgeltung des Zeitraums der Insolvenzbehaftung des Mietverhältnisses
Normenkette
InsO § 109 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 294,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.12.2009 zu bezahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 80%, die Beklagte 20%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Streitwert: EUR 1.463,17
nach Teilrücknahme: EUR 284,00
Tatbestand
Die Klägerin macht Mietrückstände und eine Nebenkostennachzahlungsforderung aus dem Abrechnungsjahr 2007 geltend.
Mit Wohnungsmietvertrag vom 08.12.2004 mietete die Beklagte von der LEG Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg mbH, für die die Klägerin in Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags tätig ist, eine Zweizimmerwohnung im zweiten Obergeschoss rechts Scheuerwiesen 15 in Sindelfingen an. Unstreitig geriet die Beklagte mit ihren Mietzahlungsverpflichtungen seit September 2007 in Höhe eines Gesamtbetrags von EUR 1.304,80 (EUR 1.218,80 gemäß Forderungsaufstellung Anlage K4 zuzüglich 3 × EUR 8,-- gemäß Klagerweiterung vom 08.01.2010, Bl. 32 d. Akten) in Rückstand.
Unter dem 03.11.2008 (Anlage K3 sowie Klageschrift) rechnete die Klägerin ferner die Betriebs- und Heiz/Wasserkosten für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007 ab. Daraus ergab sich ein Nachzahlungsbetrag zu Lasten der Beklagten in Höhe von EUR 182,37.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 29. April 2008 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt Markus Eibofner zum Treuhänder gem. § 313 Insolvenzordnung ernannt. Mit Schreiben vom 28.05.2008 (Anlage K5, Bl. 35 d. Akten) erklärte der Treuhänder unter Verweis auf die Regelung des § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO gegenüber der Klägerin, dass Ansprüche aus dem Mietverhältnis, die nach der gesetzlichen Kündigungsfrist fällig würden, nicht mehr im Insolvenzverfahren bedient werden könnten.
Nachdem die Klägerin zunächst Mietrückstände einschließlich Nebenkostennachzahlungsforderungen in Höhe eines Gesamtbetrags von EUR 1.463,17 geltend gemacht hat, hat sie die Klage im Hinblick auf das laufende Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten in Höhe eines Teilbetrags von EUR 1.216,62 zurückgenommen.
Hinsichtlich eines Betrags von EUR 284,91 hält sie die Klage jedoch trotz des laufenden Insolvenzverfahrens für zulässig. Sie ist der Auffassung, aufgrund der Erklärung des gerichtlich bestellten Treuhänders vom 28.05.2008 sei nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist am 31.08.2008 die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsansprüchen, die nach diesem Zeitpunkt entstanden seien, rechtlich möglich. Dies gelte auch für die – der Höhe nach unstreitige – Betriebskostennachforderung der Beklagten. Diese sei erst mit Abrechnung gegenüber der Beklagten im November 2008 fällig geworden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Enthaftungserklärung des Treuhänders bereits Wirkung entfaltet.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 284,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieser Erweiterung zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt:
Klagabweisung.
Er ist der Auffassung, die in der noch geltend gemachten Klagforderung enthaltene Nebenkostennachforderung in Höhe von EUR 182,37 könne nicht mit Erfolg gegen die Beklagte geltend gemacht werden. Diese Kosten bezögen sich auf das Jahr 2007 und mithin auf einen Zeitraum vor Wirksamwerden der Erklärung des Treuhänders gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO.
Für das weitere Ausführungen der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist, soweit sie nach Teilrücknahme aufrechterhalten wird, zulässig und in vollem Umfang begründet.
Nach § 80 InsO verliert der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Prozessführungsbefugnis; Forderungen können gegen ihn nicht mehr im Klagewege geltend gemacht werden. Sie sind vielmehr im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Masse anzumelden.
Gemäß § 109 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder allerdings die Freigabe des Mietverhältnisses über die vom Gemeinschuldner genutzte Mietwohnung aus der Insolvenzbehaftung bewirken (Kübler / Pürting / Bork / Tintelnot § 109 Randziffer 20; Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung § 109 Insolvenzordnung Randziffern 6 ff). Dies geschieht durch Erklärung des Insolvenzverwalters, dass Ansprüche, die na...