Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Nachgehend

LG Bonn (Beschluss vom 03.11.2003; Aktenzeichen 8 T 113/03)

 

Tenor

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 8. Juli 2002 zu TOP 3 (Vertretung und Anwaltsbeauftragung in den Verfahren 28 II 80/02 und 160/02 WEG sowie im vorliegendem Verfahren) werden für ungültig erklärt.

Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten bilden die oben genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Die weitere Beteiligte ist Verwalterin.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2002 lud sie zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung am 8. Juli 2002 ein, die in ihren Geschäftsräumen statt finden sollte. Diese lagen im 3. Stock des Hauses Maximilianstr. 16. Das Haus hat keinen Aufzug. Gemäß Einladung sollte zu TOP 3 A über die Vertretung der Gemeinschaft und die Anwaltsbeauftragung in dem Verfahren Amtsgericht Bonn – 28 II 80/02 WEG – (Backhausen ./. WEG; Anfechtung Versammlung 21. März 2002 TOP 3, Einschaltung von Rechtsanwälten in einem weiteren Vorverfahren) beschlossen werden. Gemäß TOP 3 E sollte die weitere Beteiligte eine entsprechende Ermächtigung erhalten, falls Beschlüsse der außerordentlichen Versammlung angefochten werden sollten.

Der Antragsteller ist zu 80 % schwerbehindert und weist das Merkmal „G” (gehbehindert) auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid des Versorgungsamtes Köln vom 6. Januar 2000 verwiesen, Bl. 35 f. d. A.. Sein Hausarzt bescheinigte ihm am 9. Januar 2003, er könne keinen Treppenaufstieg in den dritten Stock eines Altbaus mit Holztreppe und überhöhten Stufen durchführen.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2002 beantragte sein Verfahrensbevollmächtigter, die weitere Beteiligte möge die Versammlung aus diesem Grunde in einer nahegelegenen Gaststätte durchführen.

Die Versammlung fand in den Räumen der weiteren Beteiligten statt. Es waren zwei Wohnungseigentümerinnen anwesend. Zehn weitere waren durch Vollmacht vertreten.

Gemäß Protokoll begann die Versammlung um 17:40 Uhr und wurde in der selben Minute geschlossen.

Zu TOP 3 A ermächtigte die Gemeinschaft die weitere Beteiligte, die Gemeinschaft in dem oben genannten Verfahren – 28 II 80/02 WEG – zu vertreten und Herrn Rechtsanwalt Neumann in Bonn auf Kosten der Gemeinschaft zu mandatieren. Zu TOP 3 B sprach sie eine entsprechende Ermächtigung für den Fall aus, dass Beschlüsse der Versammlung angefochten würden.

Zu TOP 3 C beschloss die Gemeinschaft, der weiteren Beteiligten eine entsprechende Ermächtigung in dem selbständigen Beweisverfahren Amtsgericht Bonn – 28 II 160/02 WEG – (Backhausen ./. WEG wegen Abflussrohrverstopfung) zu erteilen.

Gemäß Teilungserklärung 11.3 kann sich ein Sondereigentümer auf Grund Vollmacht in Eigentümerversammlungen vertreten lassen. Nach 13.3 b der Teilungserklärung hat der Verwalter in Erweiterung der gesetzlichen Befugnisse die Befugnis, die von den Sondereigentümern nach der Gemeinschaftsordnung zu entrichtenden Beträge einzuziehen und diese namens der übrigen Eigentümer gerichtlich geltend zu machen.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, die Versammlung sei beschlussunfähig gewesen, da – unstreitig – nur zwei Eigentümerinnen anwesend gewesen seien. Die Erteilung einer Vollmacht an die weitere Beteiligte sei unzulässig.

Hinsichtlich TOP 3 C liege ein Ladungsmangel vor.

Da TOP 3 sehr umfangreich sei, sei eine Vereinbarung nötig.

Es habe keine Versammlung statt gefunden, weil die Anfangs- der Endzeit entspreche.

Der Antragsteller beantragt,

die in der Eigentümerversammlung vom 8. Juli 2002 zu TOP 2 und 3 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner und die weitere Beteiligte haben keinen Gegenantrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Er ist zulässig; insbesondere ist die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gewahrt.

Der Antrag zu TOP 3 ist begründet. Die gefassten Beschlüsse sind für ungültig zu erklären, da sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich um sogenannte vereinbarungswidrige Beschlüsse handelt, das heißt um Beschlüsse, in denen die Eigentümer die Teilungserklärung fehlerhaft angewendet haben.

Die Beschlüsse verstoßen gegen 11.3 der Teilungserklärung. In dieser Vorschrift, die eine Vereinbarung darstellt, sind die Vertretungsbefugnisse des jeweiligen Verwalters abweichend vom Gesetz geregelt. Aus diesem Grund konnte die Gemeinschaft eine Änderung nur durch eine weitere Vereinbarung, nicht aber durch Mehrheitsbeschluss herbeiführen (siehe dazu OLG Köln, OLGReport 2002, 136, 137 LG Bonn, Beschluss vom 14. Februar 2003 – 8 T 193/02 –).

Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob die Beschlüsse aus anderen Gründen für ungültig zu erklären sind (siehe zur Möglichkeit und Zumutbarkeit, an einer Versammlung teil zu nehmen Bielefeld, der Wohnungseigentümer 6. Auflage 2001 14. 1. 4. 1, Seite 431 f.; Bärmann/...

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