Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Parteien sind Nachbarn. Der Beklagte ließ im August 1978 die auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze der Parteien stehende, etwa fünfzig Jahre alte Pappel fällen. Der Beklagte, hat dem Kläger mehrfach angeboten, daß er das Holz abholen und selbst verwerten könne.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe den Baum ohne seine Zustimmung gefällt. Der Baum sei zu einem Drittel auf dem Grundstück des Klägers gestanden.

Der Kläger verlangt Schadensersatz. Seinen Schaden beziffert er wie folgt:

1.

Materialwert des Baumes

3.500,– DM

2.

Einpflanzen eines Ersatzbaumes mit Anwachsrisiko

450,– DM

3.

Pflege für die nächsten 10 Jahre

150,– DM

4.

Ersatz des immateriellen Schadens

4.500,– DM

Insgesamt

8.600,– DM

Der Kläger macht hiervon 1/3 geltend, da er zu einem Drittel Eigentümer des Baumes gewesen sei. Ein immaterieller Schafen sei ihm dadurch entstanden, daß die Pappel Lärm, Sicht- und Staubschutz zu dem nahegelegenen Betonwerk dargestellt habe.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 2.866,67 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.09.1978 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er behauptet, der Kläger habe die Zustimmung zum Fällen des Baumes erteilt. Im übrigen bestreitet er den Schaden der Höhe nach. Der Materialwert des Baumes betrage allenfalls 100,– DM.

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 16.02.1979 durch Vernehmung der Zeugen Rietze, Heiler und Hagel. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.04.1979 verwiesen.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Beseitigung von Grenzbäumen ist in § 923 BGB abschließend geregelt. Nach § 923 Abs. 2 S. 1 BGB kann jeder Nachbar die Zustimmung zur Beseitigung des Baumes verlangen. Der Anspruch auf Beseitigung kann ohne weitere Voraussetzung geltend gemacht werden (RGRK, 12. Auflage, 1979, § 923 Rdn. 4).

Das Gesetz schließt einen Beseitigungsanspruch nur in einem einzigen Falle aus, wenn nämlich der Baum als Grenzzeichen dient und nicht durch ein anderes Zeichen ersetzt werden kann, § 923 Abs. 2 S. 4 BGB. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Einen anderen Grund, aus dem der Nachbar seine Zustimmung verweigern dürfte, kennt das Gesetz nicht. Die – soweit ersichtlich – einzige veröffentlichte Entscheidung des Landgerichts München in NJW 1976, 973, die auf den Beseitungsanspruch die § 226, 242 BGB anwenden und daraus unter bestimmten Umständen ein Recht auf Verweigerung der Zustimmung ableiten will, überzeugt nicht. Denn bei der Regelung des § 923 BGB handelt es sich um eine besondere Form der Auseinandersetzung einer Miteigentumsgemeinschaft. Lediglich die Miteigentumsanteile, insbesondere nach Fällen des Baumes, weichen von den üblichen Regelungen ab. Wesentlich für derartige Gemeinschaften ist aber, wie dies in § 749 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt, daß jeder Miteigentümer jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann. Niemand kann gegen seinen Willen in der Gemeinschaft gehalten werden, für eine Anwendung der §§ 226, 242 BGB ist danach kein Baum und es besteht kein Bedürfnis dafür. Dies schließt natürlich nicht aus, daß eine Beseitigung kraft öffentlichen Rechts ausgeschlossen ist, wenn der Baum zum Beispiel unter Naturschutz steht. Ein derartiger Fall liegt hier unstreitig nicht vor.

Grundsätzlich darf das Fällen eines Grenzbaumes nicht eigenmächtig, d.h. ohne Zustimmung des Nachbarn, erfolgen. Notfalls muß der Nachbar auf Zustimmung zur Beseitigung verklagt werden. Es kann jedoch dahinstehen, ob der Kläger dem Beklagten gegenüber die Zustimmung erteilt hat.

Denn bei der Prüfung von eventuellen Schadensersatzansprüchen des Nachbarn muß jedenfalls berücksichtigt werden, daß der Nachbar seine Zustimmung aus den oben dargelegten Gründen nicht verweigern dürfte. Pur einen Schadensersatzanspruch bleibt demnach kein Kaum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar auf § 708 Nr. 11 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1413064

NJW 1980, 193

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