Leitsatz (amtlich)
1. Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die Vergabe von Handwerkerleistungen ist zumindest rechtswidrig, wenn in ihm der genaue Umfang der Arbeiten nicht zumindest durch Bezugnahme auf ein bestimmtes Angebot Beschlussinhalt geworden ist.
2. Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft über die Vergabe von Handwerkerleistungen ist zumindest rechtswidrig, wenn in ihm davon die Rede, das der „derzeit” der günstigste Anbieter den Auftrag bekommen soll ohne dass festgehalten ist, bis wann günstigere Angebote zu dem gleichen Leistungsinhalt eingeholt werden sollen.
3. Ob diese Beschlüsse nichtig sind bleibt dahingestellt. Sie berechtigen den Verwalter aber nicht mit dem Handwerker einen Werkvertrag zu schließen, nach dem 50% des Werklohns an eine UG als Vorschuss zu zahlen sind.
4. Der Werkvertrag zu Lasten der Gemeinschaft ist unwirksam, wenn der beauftragte Handwerker aufgrund des familiären Naheverhältnisses davon weiß oder wissen muss, dass der Verwalter seine Befugnisse überschritten hat.
5. In diesem Fall ist der Verwalter verpflichtet wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen seine Pflichten gem. § 280 BGB der Eigentümergemeinschaft den an den Handwerker gezahlten Vorschuss als Schadensersatz zurückzuzahlen.
6. Die Eigentümergemeinschaft muss sich nicht auf eventuelle Rückzahlungsansprüche gegen den Handwerker verweisen lassen.
7. Ob der Verwalter in diesen Fällen auch gem. § 823 Abs. 2 BGB iVm § 266 StGB schadensersatzpflichtig ist, bleibt offen.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.074,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.074,06 EUR vom 24.06.2014 bis 03.02.2015 und aus 4.074,56 EUR seit dem 04.02.2015 sowie 490,99 EUR vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird bis zum 03.02.2015 auf 11.074,06 EUR und seither auf 4.074,56 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beklagte war im Zeitraum vom 27.12.2006 bis zum 11.04.2014 Verwalterin der Klägerin nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes. Ende 2009 kam es zu einem Gesellschafterwechsel bei der Beklagten. Seither sind die jetzigen Geschäftsführer der Beklagten im Amt. Sie haben bereits vorher die Fa. P betrieben, die auch unter der Anschrift der Beklagten einen Bürostandort unterhält. Dort ist auch der Ehemann der Geschäftsführerin P E, Herr X, tätig. Unter der gleichen Anschrift ist auch die Fa. I und C2 UG geschäftsansässig, deren Geschäftsführer der Sohn des Ehemannes der Geschäftsführerin der Beklagten, Herr X2, ist. Die Telekommunikationsadressen der Beklagten und der Fa. I und C2 UG sind teilweise identisch.
Die Mitglieder der Klägerin haben seit einiger Zeit über die Frage diskutiert, welche Sanierungsmaßnahmen im Bereich Fassadenanstrich, Treppenhausanstrich und Sanierung des Hausflures erforderlich sind und durchgeführt werden sollen. In der Eigentümerversammlung vom 20.03.2013 wurden diese Fragen besprochen und zum Teil wurden auch Beschlüsse gefasst. Soweit aufgrund der teilweisen Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits noch von Interesse wurde unter Tagesordnungspunkt Nr. 5 im Protokoll Folgendes aufgenommen:
„Alte und defekte Hausflurfenster
Die uralten und daher noch einfach verglasten Fenster im Hausflur, die zum Teil auch nicht mehr richtig verschließbar sind, sollten saniert werden.
Hier liegen zwei Angebote vor, das günstigste Angebot liegt bei 3.800,00 EUR.
Die Eigentümer I und Dr. C2 bestreiten, dass eine Erneuerung der Fenster erforderlich sei. Die Verwaltung wird einen Begehungstermin anberaumen in dem die Fenster besichtigt werden.
Beschlussantrag: Es wird noch ein Gegenangebot eingeholt. Über die Auftragsvergabe und Finanzierung der Maßnahme entscheidet die nächste ETV.
Abstimmungsergebnis: Der Antrag wird mit 2 Ja-Stimmen (662,02 MEA) bei 2 Nein-Stimmen (336,98 MEA) angenommen.”
In der Folgezeit hat sich der Mehrheitseigentümer Herr L um die Einholung weiterer Angebote gekümmert und der Beklagten am 26.9.2013 ein Angebot der Fa. C2 für Hausflurfenster ohne Klarglas und mit einem Rahmen bestimmter Qualität übermittelt. Das Angebot schließt mit einem Betrag von 4217,40 EUR.
Die Beklagte hat dann zu einer Eigentümerversammlung am 06.11.2013 eingeladen. Dieser Einladung war das Angebot der Fa. C2 beigefügt.
Der genaue Ablauf der Eigentümerversammlung zu dem jetzt noch streitgegenständlichen Punkt der Hausflurfenstersanierung ist strittig. Im Protokoll ist aufgenommen unter Tagesordnungspunkt Nr. 14:
„Wiederaufnahme TOP 5 der ETV vom 20. März 2013
Alte und defekte Hausflurfenster
Ein Angebot wurde der Einladung zugelegt.
Beschlussantrag: Der günstigste Anbieter, derzeit die Fa. I und C2 UG in Höhe von 3.886,00 EUR erhält den Zuschlag. Die Kosten werden aus der Rücklage finanziert.
Abstimmungsergebnis: Der Antrag wird mit 663,02/1000 Ja-, 337,98/1000 Nein-Stimmen angenommen.”
Das P...