Leitsatz (amtlich)

Das Entgelt für die Tätigkeit im Gläubigerausschuß unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuer, sofern kein gesetzlicher Befreiungstatbestand vorliegt. Dies gilt auch für natürliche Personen, die im Hauptberuf abhängig beschäftigt sind.

Beansprucht ein Gläubigerausschußmitglied, das im Hauptberuf abhängig beschäftigt ist, zusätzlich zur Vergütung auch die Umsatzsteuer, so hat es darzulegen und zumindest glaubhaft zu machen, daß sein Umsatz aus selbständiger Tätigkeit über den in § 19 Abs. 1 UStG genannten Grenzwerten liegt.

 

Normenkette

InsO § 73; InsVV §§ 7, 18; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 19

 

Tenor

In Ergänzung der Beschlüsse vom 20.06.2003 und vom 13.01.1004 wird die Umsatzsteuer, die auf die Vergütung und Auslagen der Beteiligten F für ihre Tätigkeit als Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses vom 22.7. bis 31.8.2002 in den nachfolgenden Verfahren entfällt, wie folgt festgesetzt:

Verfahren

Umsatzsteuer auf Vergütung und Auslagen (EUR)

62 IN 167/02

226,44

62 IN 168/02

49,58

60 IN 136/02

36,43

63 IN 117/02

16,56

62 IN 181/02

3,11

62 IN 182/02

9,84

62 IN 183/02

7,13

62 IN 184/02

2,51

62 IN 185/02

46,37

62 IN 186/02

22,18

62 IN 187/02

149,76

62 IN 188/02

2,81

62 IN 189/02

31,32

62 IN 190/02

86,42

62 IN 191/02

57,91

62 IN 192/02

3,71

62 IN 193/02

59,32

62 IN 194/02

45,27

62 IN 195/02

6,92

62 IN 196/02

5,32

62 IN 198/02

118,34

62 IN 199/02

2,31

60 IN 138/02

14,15

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin ist angestellte Rechtsanwältin bei der X-AG und war in jedem der im Rubrum aufgeführten Insolvenzeröffnungsverfahren vom 22.07.2002 bis zum 31.08.2002 persönlich Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses. Mit Beschlüssen vom 20.06.2003 und vom 13.01.2004 setzte das Gericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen der Antragstellerin fest. Die Antragstellerin beantragt nunmehr mit Schreiben vom 27.01.2004 (Bd. VI Bl. 1267 d.A.), ihr in Ergänzung der genannten Beschlüsse auch die Umsatzsteuer in Höhe von 16% festzusetzen, weil sie als Rechtsanwältin umsatzsteuerpflichtig sei. Auf Anforderung des Gerichts hat sie mit Schreiben vom 23.02.2004 an Eides Statt versichert, daß ihr Umsatz aus selbständiger Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr 50.000,00 EUR voraussichtlich übersteigen wird (Bd. VI Bl. 1278 d.A.).

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag ist begründet. Nach § 18 Abs. 2, § 7 InsVV ist den Mitgliedern des Gläubigerausschusses zusätzlich zur Vergütung und zur Erstattung der Auslagen auch ein Betrag in Höhe der zu zahlenden Umsatzsteuer festzusetzen, soweit Umsatzsteuer anfällt. Diese Regelung gilt entsprechend für Mitglieder eines vor Verfahrenseröffnung eingesetzten vorläufigen Gläubigerausschusses. Ihre Voraussetzung liegt hier vor.

1. Das Entgelt für die Tätigkeit als Mitglied eines Gläubigerausschusses (Vergütung und Auslagenerstattung) unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuer, sofern kein gesetzlicher Befreiungstatbestand vorliegt. Es gilt insoweit nichts anderes als für Mitglieder eines Aufsichtsrats. Für diese ist allgemein anerkannt, daß sie bei der entgeltlichen Wahrnehmung ihres Amtes eine selbständige nachhaltige berufliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen und damit eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 UStG, vgl. auch § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG, § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) ausüben. Für ihre Umsatzsteuerpflicht ist es ohne Bedeutung, ob die Einnahmen den einzigen oder den hauptsächlichen Zweck der Tätigkeit darstellen oder ob die Absicht besteht, durch sie Gewinn zu erzielen. Ebenso ist es unerheblich, ob das Aufsichtsratsmitglied im Hauptberuf eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit ausübt. Für das Merkmal der Selbständigkeit ist insoweit allein das Innenverhältnis des Mitglieds zur betroffenen Gesellschaft maßgebend, das ihm kraft Gesetzes (§ 111 AktG) die Aufgabe zuweist, unabhängig von Weisungen anderer die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen. Deshalb sind sogar die Einnahmen, die ein Angestellter der Gesellschaft als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat erzielt, regelmäßig umsatzsteuerpflichtig (BFHE 106, 389 = DB 1972, 1856; BFHE 147, 544 = DB 1987, 78f.; BFHE 182, 384 = DB 1997, 812; vgl. auch FG Hannover EFG 1994, 1119f.).

Auf die Mitglieder eines Gläubigerausschusses im Insolvenzverfahren sind diese Grundsätze entsprechend anzuwenden. Ihre auf eine gewisse Dauer angelegte, selbständige rechtliche Stellung gegenüber dem schuldnerischen Rechtsträger und den Gläubigern sowie ihre gesetzliche Aufgabe, den Insolvenzverwalter oder den eigenverwaltenden Schuldner bei der Geschäftsführung zu überwachen (§§ 69, 270 Abs. 1 Satz 2 InsO), sind denen eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 111 AktG) so sehr ähnlich, dass im vorliegenden Zusammenhang eine Gleichbehandlung geboten ist. Für natürliche Personen, die als solche Mitglied des Ausschusses sind, gilt dies auch dann, wenn sie im Hauptberuf bei einem Gläubiger abhängig beschäftigt sind und gerade wegen dieses wirtschaftlichen Hintergrunds vom Gericht in den Gläub...

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