Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktionelle Zuständigkeit des Richters bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Vorrang der Regelung über die richterliche Neufestsetzung des Stimmrechts gegenüber § 250 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO). Einholen schriftlicher Auskünfte bei den Gläubigern als zulässige Maßnahme der Amtsermittlung durch das Insolvenzgericht. Bestimmung der Art und des Umfangs der Beweisaufnahme durch das Insolvenzgericht
Leitsatz (amtlich)
§ 18 Abs. 3 Satz 2 RPflGüber die richterliche Neufestsetzung des Stimmrechts hat Vorrang vor § 250 Nr. 1 InsO. Eine Entscheidung des Richters nach § 18 Abs. 3 RPflG und die damit verbundene Feststellung des endgültigen Abstimmungsergebnisses hat zur Folge, dass die entschiedenen Streitpunkte einer weiteren Überprüfung im Rahmen des § 250 Nr. 1 InsO entzogen sind.
Das Einholen schriftlicher Auskünfte bei den Gläubigern ist eine zulässige Maßnahme der Amtsermittlung durch das Insolvenzgericht (§ 5 Abs. 1, § 250 InsO). Das Gericht ist dabei auch – mit den Konsequenzen des § 156 StGB – befugt, den Gläubigern eine Erklärung abzunehmen, in der sie die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt versichern. dass Gläubiger nicht zu einer solchen Versicherung gezwungen werden können, spricht nicht gegen ihre Zulässigkeit.
Normenkette
RPflG § 18 Abs. 3 S. 2, Abs. 2; InsO § 250 Nr. 1, § 5 Abs. 1; StGB § 156
Tenor
Der Insolvenzplan des Schuldners vom 20.06.2001 (Bl. 205 – 214 d.A.) wird bestätigt.
Der Insolvenzverwalter wird beauftragt, nach Rechtskraft dieses Beschlusses den in § 252 Abs. 2 InsO genannten Gläubigern unter Hinweis auf die Bestätigung einen Abdruck des Plans zu übersenden (§ 252 Abs. 2, § 8 Abs. 3 InsO).
Tatbestand
I.
Der Schuldner betrieb seit Februar 1999 eine Musikalienhandlung mit Hauptniederlassung in Duisburg und weiteren Niederlassungen in Detmold und Freiburg im Breisgau. An dem Unternehmen waren als stille Gesellschafter die nunmehrigen Gläubiger … und … beteiligt. Auf Antrag des Schuldners ist am 01.02.2001 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden (Bl. 72 d.A.). Der Berichtstermin hat im April und der Prüfungstermin im Mai 2001 stattgefunden.
Am 20.06.2001 hat der Schuldner einen Insolvenzplan vorgelegt, der zwei Gläubigergruppen vorsieht (Bl. 205 – 214 d.A.). Die Hauptgläubigerin (Gruppe 1) verzichtet darin vollständig auf ihre Forderung, und hierdurch erhöht sich nach den Berechnungen des Plans die Quote für die übrigen Insolvenzgläubiger (Gruppe 2) von ca. 2% auf ca. 4%; mit der Erfüllung des Plans soll Restschuldbefreiung eintreten. Der Plan ist im Erörterungs- und Abstimmungstermin vom 10.10.2001 (Bl. 358 ff d.A.) von den Gläubigern mit folgendem Ergebnis angenommen worden: In der Gruppe 1 hat die einzige Gläubigerin mit einem Stimmrecht von 255.063,77 DM zugestimmt, in der Gruppe 2 haben 19 Gläubiger mit Stimmrechten von 143.882,84 DM zugestimmt und 6 Gläubiger mit Stimmrechten von 133.329,96 DM den Plan abgelehnt. In beiden Gruppen ist damit die erforderliche Kopf- und Summenmehrheit (§ 244 InsO) erreicht.
Mit verkündetem Beschluss vom 17.10.2001 hat der erkennende Richter über verschiedene Anträge auf Neufestsetzung des Stimmrechts entschieden (§ 18 Abs. 3 Satz 2 RPflG) und auf dieser Grundlage das Abstimmungsergebnis festgestellt (Bl. 438 – 443 d.A.).
Der Gläubiger … hat bereits im Erörterungs- und Abstimmungstermin behauptet, der Schuldner habe bestimmten Gläubigern für den Fall ihrer Zustimmung zusätzliche Zahlungen versprochen (Bl. 359 d.A.). Dies hat er mit Schreiben vom 15.10.2001 näher ausgeführt (Fax Bl. 431 – 433, Original Bl. 474 – 477 d.A.).
Das Gericht hat mit Schreiben vom 17.10.2001 (Bl. 452 f d.A.) bei allen weiteren Insolvenzgläubigern, die nach seiner Kenntnis eine Forderung angemeldet hatten, angefragt, ob und in welcher Weise sie vom Schuldner mit der behaupteten Zielrichtung angesprochen worden seien; es hat die Gläubiger gebeten, zum Abschluss ihrer Darstellung an Eides statt zu versichern, dass sie die Angaben nach bestem Wissen richtig und vollständig gemacht haben. Zwischen dem 19.10. und dem 13.11.2001 haben insgesamt 28 Gläubiger geantwortet (vgl. Bl. 478 – 537 d.A.).
Entscheidungsgründe
II.
Die Entscheidung beruht auf den §§ 248 bis 251 InsO. Der vom Schuldner vorgelegte Insolvenzplan vom 20.06.2001 ist ordnungsgemäß zu Stande gekommen und im Erörterungs- und Abstimmungstermin vom 10.10.2001 ohne Verfahrensfehler von den erforderlichen Mehrheiten der Gläubiger angenommen worden.
A.
Anträge auf Versagung der Bestätigung wegen eines in § 251 InsO genannten Grundes sind nicht gestellt worden.
B.
Umstände, die eine Versagung von Amts wegen gebieten (§ 250 InsO), können nicht festgestellt werden.
1.
Die Vorschriften über den Inhalt und die verfahrensmäßige Behandlung des Insolvenzplans sowie über die Annahme durch die Gläubiger (§ 250 Nr. 1 InsO) sind beachtet worden.
a)
Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des § 18 Abs. 2 RPflGüber die funktionelle Zuständigkeit. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahr...