Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausübung des Umgangsrechts. vorläufige Anordnung
Tenor
Der Antrag auf Erlaß einer vorläufigen Anordnung zur Regelung der Ausübung des Umgangsrechts wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert beträgt DM 1.000,00.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlaß einer vorläufigen Anordnung zwecks Regelung des Umgangs mit seiner Tochter C. geb. am 14.03.1962.
Die Tochter des Antragstellers ist mongoloid. Sie lebte im Hause ihrer Eltern in Weingarten bis Ende 1998. Nach dem Tod der Ehefrau des Antragstellers und Mutter des gemeinsamen Kindes im Juni 1998 wurde der Antragsteller, damals 84 1/2 Jahre alt, zum Betreuer für C. bestellt. Im September 1998 hob das Amtsgericht Karlsruhe-Durlach die Bestellung des Antragstellers als Betreuer für C. auf und bestellte die Antragsgegner zu Betreuern. Zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern ist derzeit die Ausübung des Umgangsrechts des Antragstellers mit C. streitig.
Der Antragsteller ist der Ansicht, das Familiengericht sei zur Regelung des Umgangsrechts gemäß § 1684 BGB berufen. Diese Rechtsansicht hat er mit anwaltlichen Schriftsatz vom 12.07.1999 nach Hinweis des Gerichts aufrecht erhalten.
Dem Antragsteller ist der Aufenthaltsort der Tochter C. derzeit unbekannt.
Die Antragsgegner sind dem Antrag auf Erlaß der vorläufigen Anordnung entgegegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
Dem Antrag auf Erlaß einer vorläufigen Anordnung war abzulehnen, denn das Gericht ist für die begehrte Entscheidung sachlich nicht zuständig.
Die grundsätzliche Zulässigkeit vorläufiger Anordnungen in den FGG-Vorschriften unterliegenden Verfahren des Familiengerichts ist – mit Ausnahmen – gesetzlich nicht geregelt, aber gewohnheitsrechtlich anerkannt (Keidel-Kahl Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A 13. Aufl. Rdnr. 30 ff. zu § 19 m.w.N.).
Die Regelung des Umgangs mit volljährigen Kindern unterfällt nicht der Zuständigkeit des Familiengerichts.
§ 1684 BGB, auf den der Antragsteller sein Begehren in materieller Hinsicht stützen möchte, regelt nur das Umgangsrecht für das Verhältnis des minderjährigen Kindes zu seinen Eltern und anderen Bezugspersonen (vergl. Palandt, BGB, 58, Aufl., Rdnr. 3 zu § 1684 BGB).
Dem Antragsteller ist zuzugestehen, daß die Bezeichnung „Kind” im Bürgerlichen Gesetzbuch auch auf volljährige Personen angewandt wird (vergl. z.B. § 1595 Abs. 2 BGB) und daß der Gesetzgeber bisweilen der Bezeichnung „Kind” das Adjektiv „minderjährig” voranstellt (z.B. § 11 BGB, § 1603 Abs. 2 BGB, § 1626 Abs. 1 BGB). Das Weglassen des Adjektives „minderjährig” bedeutet nicht, daß die jeweilige Vorschrift auch auf Erwachsene Anwendung findet, denn der Regelungsgehalt der Vorschrift ist zuweilen aus sich heraus auf Minderjährige beschränkt (s. z.B. §§ 1631 a – 1631 c BGB).
Aus der systematischen Stellung der Vorschrift des § 1684 BGB ergibt sich aber, daß diese Regelung nur auf minderjährige Kinder Anwendung findet. § 1684 BGB ist im 4. Buch, 2. Abschnitt 5. Titel des BGB eingeordnet. Dieser Titel trägt die Überschrift „Elterliche Sorge”. Der Begriff der elterlichen Sorge ist in § 1626 Abs. 1 S. 1 als „Pflicht und Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen” legal definiert. Der systematischen Einordnung entsprechend beziehen sich daher sämtliche in diesem Titel benannten Vorschriften allein auf die minderjährigen Kinder.
Eine gegenteilige Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 01.07.1998. Mit diesem Gesetz wurden – wie der Antragsteller zurecht ausführt – die sogenannten nichtehelichen Kinder den ehelichen Kindern gleichgestellt, eine Gleichstellung volljähriger, unter Betreuung stehender Kinder mit minderjährigen Kindern hat der Gesetzgeber aber nicht beabsichtigt. Soweit der Gesetzgeber eine Ausdehnung der Regelung für die minderjährigen Kinder zugunsten volljähriger Kinder treffen wollte, hat er dies im Rahmen der Reformgesetzgebung ausdrücklich formuliert, (s. § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB).
Eine Umgangsverpflichtung volljähriger Personen zueinander, die die Konsequenz der vom Antragsteller vertretenen Rechtsauffassung wäre, war auch mit der Neuregelung des § 1684 BGB nicht beabsichtigt. Die Schaffung dieser Neuregelung wird allgemein als Signal verstanden, die auf eine Änderung des elterlichen Bewußtseins gerichtet sein soll (vergl. Bäumel/Rogner, Familienrechtsreformkommentar Rdnr. 3 zu § 1684 BGB). Das Kind soll nicht mehr Objekt von Elternrechten sein, ihm wird vielmehr ein subjektives Recht, ein Anspruch auf Umgang mit seinen Eltern zuerkannt. Die Reform soll dem Kind einen Anspruch gegen den betreuenden Elternteil, ihm den Umgang mit dem nichtbetreuenden Elternteil zu gestatten, gewähren. Ziel des gesetzgeberischen Vorhabens war es daher allein eine Regelung zum Wohle des Kindes, die dessen Recht erweitern sollte, nicht aber eine Verpflichtung Volljähriger zu begründen, Umgang mit ihren Eltern zu pflegen.
Eine Regelungskompetenz der Familiengerichte ist auch nicht durch die entsprechende Anwendung des § 1684 BGB im vorliegenden Fal...