Entscheidungsstichwort (Thema)
Einschlägigkeit von § 321 a ZPO über die Abhilfe bei Versagung des rechtlichen Gehörs im Verfahren zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 4 InsO. Anforderungen an die Versagung der Restschuldbefreiung bei fehlender Angabe einer irrtümlich für „insolvenzfest” gehaltenen Versicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 321a der Zivilprozessordnungüber die Abhilfe bei Versagung des rechtlichen Gehörs ist im Verfahren zur Versagung der Restschuldbefreiung nach § 4 Insolvenzordnung einschlägig.
2. Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs gehört inFällen, in denen das Gericht nach einem zuvor erteilten Hinweisspäter die Möglichkeit weiterer Antragstellung bzw. weiteren Vortragseinzuräumen beabsichtigt, dass ein derartiger Hinweis vor der anstehenden Entscheidung in der in Aussicht gestellten Art und Weise erfolgt (hier:Mitteilung des Schlusstermins durch gesondertes Schreiben an einen Gläubiger).
3. Zu den Anforderungen an die Versagung der Restschuldbefreiungnach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, wenn der Schuldner auf Frage nach „Forderungen aus Versicherungsverträgen” einebestehende Versicherung und deren Rückkaufswert nicht angibt, weil er die Versicherung für „insolvenzfest” hält.
Normenkette
InsO §§ 4, 290 Abs. 1 Nr. 5; ZPO § 321
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Gehörsrüge des Antragstellers wird das Verfahren betreffend den Antrag des Antragstellers auf Versagung der Restschuldbefreiung unter Zugrundelegung einer ordnungsgemäßen Antragstellung fortgeführt.
Dem Schuldner … wird die Restschuldbefreiung versagt.
Gründe
1.
Das Verfahren wird auf die sinngemäß erhobene, zulässige und begründete Gehörsrüge des Antragstellers (nur) hinsichtlich des Antrages auf Versagung der Restschuldbefreiung vom 2. August 2011, der am 3. August 2012 bei Gericht eingegangen ist, in die Lage zurückversetzt, in der es sich im Zeitpunkt des Schlusstermins am 26. Juli 2011 befand.
Gemäß § 4 der Insolvenzordnung (abgekürzt: InsO) in Verbindung mit § 321a Abs. 5 Satz 1 der Zivilprozessordnung (abgekürzt: ZPO) in entsprechender Anwendung hilft das Gericht einer begründeten Gehörsrüge ab, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird nach Satz 2 der Vorschrift in entsprechender Anwendung in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss des Schlusstermins befand.
Die Vorschrift des § 321a ZPO in entsprechender Anwendung ist im Insolvenzverfahren in Fällen der vorliegenden Art einschlägig (vgl. dazu auch Amtsgericht Duisburg, Beschluss vom 22. September 2011, 64 IK 268/11, NZI 2011, S. 863). Hiernach ist in entsprechender Anwendung des § 321 a Abs. 1 Satz 1 ZPO das Verfahren auf Rüge des durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten fortzuführen, wenn es an einem Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, wie bezüglich der hier zu treffenden Entscheidung der Fall, fehlt und das Gericht den Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. So liegt der Fall hier.
Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs gehört in Fällen, in denen das Gericht nach einem zuvor an einen Verfahrensbeteiligten gegebenen Hinweis später die Möglichkeit weiterer Antragstellung bzw. weiteren Vortrags einzuräumen beabsichtigt, dass ein derartiger Hinweis vor der anstehenden Entscheidung in der in Aussicht gestellten Art und Weise erfolgt sein muss. Dass dem so ist, leitet sich aus den Geboten des Vertrauensschutzes und des fairen Verfahrens ab (vgl. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. März 2008, 8 AZN 1062/07, zitiert nach […], Randnummer 10).
Hiervon ausgehend ist die Gehörsrüge begründet. Der Schuldner hat in dem am 6. Dezember 2007 über das Vermögen des Schuldners eröffneten Insolvenzverfahren erstmals mit Schreiben vom 28. Mai 2008 beantragt,
dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen.
Der Antrag war zu diesem Zeitpunkt unzulässig, derartige Anträge müssen, von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen, im Schlusstermin gestellt werden (vgl. § 289 Abs. 1, § 290 Abs. 1 InsO). Das Gericht hat sich auf den vorstehend genannten Antrag mit Schreiben vom 21. Juli 2008 an den Antragsteller geäußert und unter Hinweis auf die damals gegebene Unzulässigkeit des Antrages ausgeführt: „Der Schlusstermin wird Ihnen gesondert von hier aus mitgeteilt.” (vgl. Blatt 558 der Akte). In Ansehung des zitierten Hinweises des Gerichts durfte der rechtsunkundige Schuldner, wie geschehen, darauf vertrauen, dass das Gericht ihm den Zeitpunkt für die Stellung eines zulässigen Antrages auf Restschuldbefreiung durch gesondertes Schreiben mitteilen wird, bei etwa angenommener Entbehrlichkeit eines Schreibens mit Blick auf die Veröffentlichung des Termins im Internet hätte insoweit eine Klarstellung unter Hinweis auf diese Art der Veröffentlichung im Schreiben erfolgen müssen; es ist mit dem Schreiben beim Antragsteller ein Vertrauenstatbestand im Sinne der oben zitierten Grun...