Leitsatz (amtlich)
Unbestimmte Sicherheitsbedenken genügen nicht, einem Rechtsanwalt den Gebrauch eines Laptops während der laufenden mündlichen Hauptverhandlung zu untersagen. Geschieht dies dennoch, kann sich daraus gegenüber dem die Besorgnis der Befangenheit ergeben.
Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Prozessbevollmächtigten der Beklagtenseite, Herrn Rechtsanwalt J., vom 29.06.2010 gegen den Richter am Amtsgericht Freiberg S. ist begründet.
Gründe
Am 29.06.2010 fand im vorliegenden Zivilrechtsstreit eine öffentliche Hauptverhandlung statt. Nach Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten wurde der Beklagtenvertreter durch Richter am Amtsgericht S. aufgefordert, seinen Laptop auszuschalten und während der Verhandlung nicht zu benutzen. Der Beklagtenvertreter Herr RA J. widersprach der Aufforderung des Gerichts.
Der Beklagtenvertreter beantragte zudem die Aussetzung des Verfahrens, da er ohne seinen Laptop nicht verhandlungsfähig sei und er auf seinem Laptop die Akte gespeichert habe.
Das Gericht wies darauf hin, dass durch den sachbearbeitenden Richter nicht überprüft werden könne, ob mittels des Laptops während der Verhandlung nicht Bild- und Tonaufnahmen gefertigt werden, die gesetzlich nicht zulässig seien.
Der Beklagtenvertreter, Herr RA J., versicherte anwaltlich, dass das Gerät nicht in der Lage sei, Bild- und Tonaufzeichnungen vorzunehmen.
Der Klägervertreter erklärte, dass er ebenfalls nicht prüfen könne, ob solche vorgenannten Aufnahmen mit dem Gerät des Beklagtenvertreters möglich seien. Er habe jedoch keinen Zweifel daran, dass der Beklagtenvertreter in seiner anwaltlichen Versicherung die Wahrheit gesagt habe. Er habe deshalb kein Problem, dass der Beklagtenvertreter mit dem Laptop verhandele.
Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung stellte der Beklagtenvertreter einen Befangenheitsantrag gegen Herrn Richter am Amtsgericht S..
Zur Begründung führte Herr RA J. aus, dass er seit 5 Jahren mit dem Laptop verhandele und dies in Deutschland üblich sei. In sämtlichen, und auch öffentlich wirksamen Verfahren, werde mit Laptop verhandelt, ohne dass sich ein Problem darstellen würde. Es werde an keiner Stelle des GVG und der ZPO das Benutzen von Laptops verboten.
Zudem wurde von seiner Seite anwaltlich versichert, dass mit diesen-Laptop weder Ton- noch Bildaufzeichnungen fertigen könne.
Wenn das Gericht hieran zweifle, könne daraus nur auf eine Voreingenommenheit des Richters geschlossen werden.
Der Herr Richter am Amtsgericht S. hält sich nicht für befangen. Er sei lediglich bemüht gewesen, der Vorschrift des § 169 Satz 2 GVG nachzukommen. Die Versicherung des Anwalts, dass mit dem Laptop keine Bild- und Tonaufnahmen möglich sind, sei nicht ausreichend. Es sei dem sachbearbeitenden Richter mangels Fachkompetenz nicht möglich, die technischen Aufnahmemöglichkeiten des Laptops zu überprüfen. Es seien auch seitens des Gerichts keine anderen Mitarbeiter bekannt, die über eine solche Fachkompetenz verfügen würden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Gem. § 42 II ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenis abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies kann auch bei einer unsachgemäßen Verfahrensleitung oder bei groben Verfahrensverstößen der Fall sein. Dies kann dann der Fall sein, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalen geübten Verfahren entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (OLG Karlsruhe FamRZ 1994 S. 46).
Sicherlich ist es richtig, dass gen. § 169 GVG die Verhandlung vor dem Erkennen dem Gericht einschl. der Verkündung der Urteile und Beschlüsse zwar öffentlich sind, Ton-/Fernsehund Rundfunkaufnahmen sowie Ton- 'Und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhaltes unzulässig sind.
Wegen der Gefahr verbotener Film- und Tonaufnahmen kann der Vorsitzende auch Journalisten die Benutzung von Notebooks in der Verhandlung verbieten, basierend auf der BVG-Entscheidung NJW 2009 S. 352.
Allerdings beruhte diese Entscheidung des BVerfG lediglich darauf, dass das BVerfG in der Anordnung des Vorsitzenden der 5. Strafkammer des LG Oldenburg, wonach die Benutzung von Laptops und Notebooks im Sitzungssaal nicht zugelassen wurden, keine schwere Verletzung im Sinne des § 32 I BVerfGG darstellen würden.
Auch hat das BVerfG gleichzeitig festgestellt, dass die Begründung der Anordnung, die auf unbestimmte Sicherheitsbedenken und auf die zu erwartenden Betriebsgeräusche zahlreicher Laptops verweise zumindest angesichts der dargelegten räumlichen Verhältnisse nicht in jeder Hinsicht überzeugend sei.
Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um einen Journalisten, sondern um einen Rechtsanwalt, der zugleich anwaltlich versichert hat, dass er m...