Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlußanfechtung

 

Tenor

1. Der von der WE-Gemeinschaft des Anwesens Freiburg, Eulenweg 22–28 in der Versammlung am 28.03.1996 unter TOP 8 des Beschlußprotokolls gefaßte Mehrheitsbeschluß wird antragsgemäß für ungültlig erklärt.

2. Die Antragsgegner, – mit Außnahme der 5 WE, die gegen den Beschluß unter TOP 8 gestimmt haben – tragen die Gerichtskosten und sämtliche außergerichtlichen Kosten als Gesamtschuldner.

3. Der Geschäftswert wird auf DM 3.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Eigentümer und die Verwalterin der Wohnanlage Eulenweg 22–28 in Freiburg Verwalterin ist die … die in der Teilungserklärung vom 21.12.94 für die Dauer von 5 Jahren zur Verwalterin bestellt wurde (§ 11, AS 39). Diese lud mit Schreiben vom 11.03.96 (AS. 55) zur EV am 28.03.96 ein, in der die Eigentümer unter TOP 8 beschlossen (AS. 63/65),

Beschlußfassung über bauliche Veränderungen u.a. Balkonüberdachung WE Demuth-Eulenweg 28

Herrn Demuth wird gestattet, über seinem Balkon ein Vordach installieren zu lassen unter folgenden Auflagen:

  1. Wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist, hat er diese einzuholen und der Verwaltung in Kopie vorzulegen. Falls diese nicht erforderlich ist, muß diese Negativerklärung in Kopie ebenfalls der Verwaltung vorgelegt werden.
  2. Der Verwaltungsbeirat wird bevollmächtigt, über die Art und Ausführung dieses Vordaches zu entscheiden. Herr Demuth wird sich hierzu mit dem Verwaltungsbeirat in Verbindung setzen.
  3. Das Vordach bleibt im Eigentum des jeweiligen Sondereigentümers. Ebenso gehen lfd. Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zu Lasten des jeweiligen Sondereigentümers.

Die unter Punkt 2 und 3 getroffenen Vereinbarungen sind auch für alle anderen Eigentümer und evtl. Rechtsnachfolger bindend.

Dieser Beschluß erfolgt mehrstimmig bei 5 Gegenstimmen.

Sollte dieser Beschluß innerhalb der gesetzlichen Frist (4 Wochen ab Beschlußfassung) angefochten werden, gilt er als nicht gefasst.

Hierfür evtl. anfallende Gerichtskosten gehen zu Lasten der Eigentümergemeinschaft.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller.

Sie machen geltend, gem. § 5 Ziffer 7 der Teilungserklärung hätte dieser Beschluß nur einstimmig gefasst werden dürfen. Die dem Verwaltungsbeirat erteilte Vollmacht übersteige dessen Befugnisse. Die erfolgte Beschlußfassung unter einer Bedingung sei unzulässig, auch widerspreche der Beschluß der unerdingbaren Vorschrift des § 23 Abs. 4 WEG.

Sie beantragen (AS. 3):

Der von der WE-Gemeinschaft des Anwesens Freiburg, Eulenweg 22–28 in der Versammlung an 28.03.1996 unter TOP 8 des Beschlußprotokolls gefaßte Mehrheitsbeschluß wird für ungültig erklärt.

Die Verwalterin beruft sich darauf, daß der Beschluß mit der Anfechtung hinfällig geworden sei (AS. 73).

Wegen der Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde, da es sich vorliegend nur um eine Rechtsfrage handelt, mit Zustimmung der Antragsteller abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist gem. § 43 Abs. 1 Ziffer 4 WEG zulässig und wegen Verstosses gegen die §§ 5 der Teilungserklärung, 23 Abs. 4 Satz 1, 21 Abs. 3 WEG begründet. Nach § 5 der Teilungserklärung ist für eine gültige Beschlußfassung über die von den Wohnungseigentümern Demuth geplante Balkonüberdachung Einstimmigkeit nötig, die unstreitig nicht vorgelegen hat.

Im übrigen ist eine Beschlußfassung unter der Bedingung, wie sie die Eigentümer beschlossen haben, unzulässig. Sie wäre im Hinblick auf § 23 Abs. 4 WEG, wonach ein Beschluß nur ungültig ist, wenn er durch das Gericht für ungültig erklärt wurde, auch nicht praktizierbar.

Letztlich vermögen die Eigentümer keine Beschlußfassung über das Tragen evtl. anfallender Gerichtskosten vorzunehmen, da dies außerhalb der ihnen insbesondere durch die §§ 20, 21 WEG zugewiesenen Entscheidungskompetenz liegt.

Danach war der angegriffene Beschluß antragsgemäß für ungültig zu erklären.

III.

Gemäß § 47 WEG entsprach es der Billigkeit, den Antragsgegnern – mit Ausnahme der 5 Eigentümer die gegen diese Beschlußfassung gestimmt haben –, die Gerichtskosten aufzuerlegen, da die Antragsteller mit ihrem Begehren erfolgreich waren.

Von dem im Wohnungseigentumsrecht geltenden Grundsatz, daß die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben, bot abzugehen der vorliegende Fall Veranlassung. Den Beteiligten war das Einstimmigkeiterfordernis und die fehlende Einstimmigkeit bekannt. Sie ließen es trotzdem auf eine Beschlußanfechtung ankommen. Deshalb ist es angemessen, daß sie die außergerichtlichen Kosten der Beschlußanfechtung, die sie veranlasst haben, gemeinsam tragen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Das Interesse der Beteiligten bestand in Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Anbringung des Vordaches (AS. 81).

 

Unterschriften

Fentzke Richterin am Amtsgericht

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1747742

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?