Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf einer Erklärung über Vornahme einer katholischen Taufhandlung. vorgetäuschte Zwangstaufe
Leitsatz (amtlich)
Die personensorgeberechtigte Kindesmutter kann von der - angeblich - eine Taufe eigenmächtig vollziehenden Großmutter den Widerruf der Taufanzeige gegenüber der örtlichen Kirchengemeinde und dem Pfarrer verlangen.
Die Mitteilung der - angeblichen - Taufhandlung erstmals nach 8 Jahren ist verwirkt.
Jedenfalls ist der Widerrurf als Folgenbeseitigung (Schadensersatz-) Anspruch wegen Eingriff in das religiöse Selbstbestimmungsrecht der Mutter des Kindes gerechtfertigt und auch von der Kirche zu beachten
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; GG Art. 4, 6, 140; WRV Art. 136-137; BGB § 242
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der katholischen Kirchengemeinde
M und dem Dechanten P, die von ihr abgegebene
eidesstattliche Versicherung, sie habe die Tochter der Klägerin am
21.09.2002 im Allgemeinen Krankenhaus getauft, zu widerrufen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, weiterhin zu behaupten, sie
habe die Tochter der Klägerin E am 21.09.2002 im Allgemeinen
Krankenhaus I getauft.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits nach einem Wert von
5.000,00 €.
4.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung sowie des
Unterlassungsausspruch vorläufig vollstreckbar, und zwar gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 €.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter, die Beklagte die leibliche Großmutter des am 21.09.2002 im Allgemeinen Krankenhaus I geborenen Tochter E der Klägerin.
Der Sohn der Beklagten ist der Vater des Kindes. Zum Zeitpunkt der Geburt der E war die Klägerin mit dem Kindesvater nicht verheiratet. Nach zwischenzeitlicher Eheschließung ist die Klägerin von dem Sohn der Beklagten, dem Kindesvater, wieder geschieden.
Zwischen den Parteien und den Kindeseltern bestehen zahlreiche umfangreiche familiengerichtliche Streitigkeiten.
Die Kindesmutter ist evangelischer Konfession, die Beklagte katholischer Konfession.
Die Klägerin hat von dem Ortspfarrer, Herrn P, die Nachricht erhalten, dass die Großmutter, hier die Beklagte, die E am Geburtstage getauft habe, da diese äußerst schwach gewesen sei unter Verwendung der sogenannten Taufformel und unter Benetzen des Kopfes mit Wasser.
Die Klägerin behauptet, die Taufe habe überhaupt nicht stattgefunden.
Die Klägerin hat zunächst versucht, über den Pastoralverbund und des erzbischöflichen Generalsekretariat eine Klärung der Angelegenheit herbeizuführen.
Wegen der Antworten wird auf das Schreiben des Leiters der Sekretariats Kirchenrecht Dr. C, Erzbistum Q, Bl. 5 und 6 sowie vom 16.02.2012 des vorerwähnten Dr. C genommen.
Wegen des Schreiben des Pastoralverbundes an der Volme, Dechant E P wird auf dessen Schreiben vom 28.02.2012, Bl. 10 d. A. C genommen.
Die Klägerin will nicht, dass E im katholischen Glauben erzogen wird.
Ein Einvernehmen zwischen den gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, dem Sohn der Beklagten und der Klägerin, besteht nicht.
Das Kind befindet sich beim gemeinsamen Sorgerecht im Allgemeinen bei dem Vater. Am Mittwochnachmittag hat die Klägerin nach der Entscheidung des 5. Familiensenats für Familiensachen des Oberlandesgerichts I2 vom 12.05.2010, Bl. 40 ff. d. A. den Wochenumgangstag. In Ergänzung der vom Familiengericht, Amtsgericht I, getroffenen erstinstanzlichen Umgangsregelung haben die Kindeseltern folgendes vereinbart:
"Die Kindeseltern sind sich darüber einig, dass E mit ihrer Mutter einen Wochentagsumgang jeden Mittwoch und zwar in der Zeit Schulende bis 18 Uhr haben soll".
Die Klägerin verweist darauf, was mittlerweile unstreitig geworden ist, dass keinerlei Krankheiten oder Komplikationen des Gesundheitszustandes des Kindes E, dass am Geburtstage um 07:30 Uhr auf die X kam, am angeblichen Tauftage, vorlagen.
Das Kind E wurde im Jahr 2005 in die katholische Jahreseinrichtung für Kinder der Kirchengemeinde M in I aufgenommen worden; die Beklagte war damals Leiterin dieses Kindergartens. Auf den Betreuungsvertag vom 13.07. und 13.08.2005 wird C genommen. Unstreitig ist darin ausdrücklich notiert, dass das Kind noch getauft wird.
Auch bei der Einschulung des Kindes E in die katholische Bekenntnisschule ist notiert worden, dass das Kind noch getauft wird.
Der Kindesvater hat mindestens bis zum Jahre 2009 nichts davon gewusst, dass seine eigene Mutter, die Beklagte das Kind bereits getauft habe. Auf Seite 73 des Gutachtens in dem Familienverfahren 58 F 71/09, hat zudem der Großvater des
Kindes, der Ehemann der Beklagten, ausgeführt, dass er es außerdem sehr ärgerlich finde, dass die Mutter nicht wolle, dass das Kind getauft werde. Der Vater des Kindes hat nach seinen eigenen Angaben gem. Schriftsatz im Verfahren 58 F 333/11, Familiengericht I, ebenfalls bis Sommer 2011 nichts von einer Taufe erfahren.
Die Klägerin verwahrt sich gegen ein Eingreifen in das elterliche Erziehungsrecht durch die Beklagte; die Parteien gehen davon aus, dass der Kindesvater einen Kirchenaustritt des Kindes E nicht zusteht.
Die Kläger...