Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 768,47 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2008 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter von der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenversicherung, die Rückzahlung abgeführter Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung aufgrund einer Insolvenzanfechtung.
Über das Vermögen der … (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 02.05.2008 auf Eigenantrag der Insolvenzschuldnerin vom 02.01.2008 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter ernannt. Die Insolvenzschuldnerin schuldete der Beklagten nicht abgeführte Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis August 2007 nebst Mahngebühren und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt EUR 1 572,95.
Die Beklagte ließ der Insolvenzschuldnerin am 04.10.2007 für diesen fälligen Betrag einen entsprechenden Zwangsvollstreckungsauftrag zustellen und einen Vollstreckungstermin für den 22.10.2007 anberaumen. Zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen überwies die bereits zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähige Insolvenzschuldnerin am 22.10.2 007 EUR 1 572,05 an die Beklagte. Die Zahlung erfolgte aus dem Guthaben des Geschäftskontos der Insolvenzschuldnerin bei der … Bank (Kontonummer: …)
Der Kläger forderte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter die Beklagte zur Rückzahlung des gezahlten Betrages aufgrund einer Insolvenzanfechtung auf. Die Beklagte zahlte daraufhin den hälftigen Arbeitgeberanteil in Höhe von EUR 768,48 nebst Zinsen an die Insolvenzmasse, verweigerte jedoch die Rückzahlung des Arbeitnehmeranteils.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ungeachtet der seit dem 01.01.2008 geltenden Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV ein Rückgewähranspruch aufgrund von Insolvenzanfechtung zu, da die Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Zahlung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung nicht insolvenzfest mache.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 768,47 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV einer insolvenzrechtlichen Anfechtung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung für Insolvenzverfahren, die nach dem 01.01.2008 eröffnet wurden, entgegensteht. Nach der Neufassung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV unterlägen die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht mehr der Insolvenzanfechtung, da die Zahlung derselben aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht mehr aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erfolge.
Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Betrages von EUR 768,47 aufgrund einer wirksamen Insolvenzanfechtung, §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO.
Durch die Zahlung der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte erfolgte eine Gläubigerbenachteiligung, vgl. § 129 InsO. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat. Es müssen, mit anderen Worten, die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die angefochtene Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gewesen sein (BGH, Urteil v. 17. Juni 1999, IX ZR 176/98, zitiert nach juris). Haftungsgegenstand in der Insolvenz ist allein das Vermögen des Schuldners. Eine Gläubigerbenachteiligung setzt insofern voraus, dass der Haftungsgegenstand ohne die Rechtshandlung zum haftenden Vermögen des Insolvenzschuldners gehört hätte und somit einem späteren Massebeschlag unterfallen wäre. Durch die Zahlung der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte ist die Aktivmasse des Insolvenzgläubigers um den ausgezahlten Betrag gekürzt worden, ohne dass eine bei wirtschaftlicher Betrachtung gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Insolvenzgläubigers geflossen ist. Ohne diese Zahlung hätten die Insolvenzgläubiger eine bessere Befriedigung erlangt, da dann der streitgegenständliche Betrag sich noch im Schuldnervermögen befunden hätte.
Eine Gläubigerbenachteiligung scheidet auch nicht aufgrund der Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV aus. § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt, dass die Zahlung des von einem Beschäftig...