Tenor
1. Die in der Eigentümewersammlung vom 14.6.11 zu den TOP 3, 4, 6 und 8 gefassten Beschlüsse, und zwar zu TOP 8, soweit mit dem Beschluss der Wirtschaftsplan 2011 genehmigt wurde, werden für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Verwalterin, die … bei einem Streitwert von 25.704,26 Euro.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Nach Rücknahme der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 8 ist die Klage in vollem Umfang begründet. Die Beschlüsse der Versammlung vom 14.6.11 zu den TOP 3, 4 und 6 sind ungültig.
1. Ungültigkeit des Beschlusses zu TOP 3 (Jahresabrechnung 2010 und Einzelabrechnungen)
Der Beschluss zu TOP 3 ist ungültig. Die beschlossene Jahresabrechnung nebst Einzelabrechnungen wird den Rechtsgrundsätzen für die Erstellung und Darstellung von Jahresabrechnungen in der WEG nicht gerecht. Auch der in TOP 3 enthaltene Beschluss über die Verwalterentlastung ist ungültig.
1.1. Transparenzverstoß bei Jahresabrechnung und Einzelabrechnungen
1.1.1. Rechtliche Ausgangslage
Eine Jahresabrechnung, die im Sinne des § 28 III, V WEG sowie der ergänzend zu berücksichtigenden allg. Rechnungslegungsvorschrift des § 259 I BGB korrekt und damit Gegenstand einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung sein soll, hat folgenden Maßstäben gerecht zu werden: Sie muß zunächst insoweit vollständig sein, als sie eine geordnete Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das betreffende Wirtschaftsjahr enthält, Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen, und zwar Soll- und Habenstände, sowie Angaben über die Kontostände auf den Gemeinschaftskonten, und zwar jeweils am Anfang und am Ende des Abrechnungszeitraumes (Vgl. Hans.OLG 16 Wx 1/08; Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 28 Rz. 67 f; Riecke/Schmidt, WEG, 2. Auflage, § 28 Rz. 66, 81, 79; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Auflage, § 28 Rz. 43, 48, 53; Bärmann/Pick, WEG, 18. Auflage, § 28 Rz. 16, 18; jeweils mit zahlreichen Nachweisen auf die insoweit einhellige Rechtsprechung; von Besonderheiten im Rahmen von Heizkostenabrechnungen einmal abgesehen.). Insbesondere auch die Instandhaltungsrücklage ist separat auszuweisen in der Jahresabrechnung und zwar mit dem Stand am Anfang und Ende des Abrechnungszeitraumes sowie den Zuflüssen und Abgängen (Hans.OLG 16 Wx 1/08 (2 Wx 76/07); BayObLG NJW-RR 1991, 16; 2000, 604 f; OLG Saarbrücken NJW-RR 2006, 732; Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 28 Rz. 68; Riecke/Schmid, WEG, 2. Auflage, § 28 Rz. 74). Die Jahresabrechnung muß weiterhin insoweit vollständig sein, als sämtliche tatsächlich erfolgten Einnahmen und Ausgaben, sämtliche Rücklagen und sämtliche tatsächlich erfolgten Kontobewegungen in den Gemeinschaftskontenständen zu erfassen sind (Hans.OLG, a.a.O.; Bärmann, a.a.O., Rz. 70, 121; Riecke/Schmidt, a.a.O., Rz. 66, 67, 79; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., Rz. 43, 45, 60; Bärmann/Pick, a.a.O., Rz. 16; Jennißen NJW 2004, 3527; wiederum jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen auf die insoweit einhellige Rechtsprechung). Auch die rechnerische Richtigkeit gehört erwartungsgemäß zu den Kriterien einer ordnungsgemäßen Abrechnung. Dabei besteht die rechnerische Schlüssigkeit nur dann, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Kontenstände von Jahresanfang und Jahresende übereinstimmen (OLG Hamm ZWE 2001, 446, 448; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., Rz. 60, 96).
Adressat der Jahresabrechnung sind die Wohnungseigentümer. Sie sollen durch die Jahresabrechnung die Möglichkeit erhalten, die Verwaltung zu kontrollieren und den Umfang ihrer persönlichen Leistungspflichten nachvollziehen zu können (Vgl. Hans.OLG, a.a.O.; KG NJW-RR 1996, 526 f; Bärmann, a.a.O., § 28 Rz. 56; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., Rz. 42 ff). Vor diesem Hintergrund hat auch die Darstellung der Jahresabrechnung spezifische Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Sie muß den Anforderungen an Bestimmtheit und Klarheit genügen (BayObLGZ 1987, 86, 89; Bärmann, a.a.O., Rz. 58), sie muß geordnet und übersichtlich sein (BayObLG ZMR 2000, 110; KG NJW-RR 1987, 1161: OLG Hamm ZMR 97, 251 f; OLG Hamm FG Prax 98, 213; OLG Düsseldorf ZflR 99, 380 f; Bärmann, a.a.O., Rz. 161, 67), die Einnahmen und Ausgaben sind soweit aufzuschlüsseln, dass sich ihre Berechtigung überprüfen lässt (Bärmann, a.a.O., Rz. 76), sie muß für die Wohnungseigentümer verständlich und nachvollziehbar sein (BayObLG NZM 2005, 750; OLG Hamm FGPrax 1998, 213; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, Rz. 45; Riecke/Schmidt, a.a.O., Rz. 66, 80; Bärmann/Pick, a.a.O., Rz. 14), sie muß hinreichend transparent und frei von unklaren Positionen sein (OLG Düsseldorf ZMR 2004, 282), sie muß für einen Wohnungseigentümer aus sich heraus und auch ohne Zuziehung eines Buchprüfers oder sonstigen Sachverständigen verständlich sein (OLG Hamm FG Prax 98, 213), sie muß ihm ohne juristische Kenntnisse eine einfache und nachvollziebare Überprüfung ermöglichen (Hans.OLG...