Tenor

1. Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 24.09.2020 zu TOP 46 (lfd. Nr. 28 der Beschlusssammlung) und zu TOP 48 (lfd. Nr. 30 der Beschlusssammlung) werden für ungültig erklärt.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die. Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Gültigkeit zweier Beschlüsse einer Eigentümerversammlung.

Die Klägerin und die Beklagten sind Mitglieder der WEG …. Mit Schreiben vom 27.08.2020 (Anlage K1) lud deren Verwaltung zur Eigentümerversammlung am 24.09.2020. Auf dieser Versammlung wurden u.a. mehrheitlich folgende Beschlüsse gefasst:

TOP 46 – Erneuerung der Holzfenster der Wohnungen 2, 6, 8

„Die Fenster der benannten Wohnungen sind nicht mehr reparabel und müssen erneuert werden. (…) Wohnungseigentümer beschließen die Firma … gemäß Angebot vom 24.08.2020 mit der Erneuerung durch Holzfenster (…), pro Wohnung br. 6.320,00 EUR, zu beauftragen. (…)”

TOP 48 – Dichtigkeitsnachweis

„Nach Aussprache wird die Beauftragung der … mit der Durchführung der Sanierung (…) der Grundsielleitungen gemäß Angebot v. 21.07.2020, i.H.v. br. 28.360,00 EUR beschlossen.”

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschlussfassungen wird auf den Auszug aus der Beschlusssammlung gemäß Anlage K2 verwiesen. Vor der Versammlung hatte die WEG-Verwaltung betreffend den Beschluss zu TOP 46 zwei Angebote für die Erneuerung der Holzfenster eingeholt und zwei weitere für die zu TOP 48 beschlossene Sanierung der Grundsielleitungen.

Die Klägerin macht mit ihrer am Montag, d. 26.10.2020 bei Gericht eingegangenen und den Beklagten am 19.11.2020 zugestellten Klage geltend, dass es ordnungsgemäßer Verwaltung widersprochen habe, die Beschlüsse zu TOP 46 und TOP 48 auf der Grundlage von nur zwei Angeboten zu fassen. Richtigerweise hätten jeweils drei Angebote eingeholt werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

  1. den in der Versammlung vom 24.09.2020 unter TOP 46 (lfd. Nr. 28 der Beschlusssammlung) gefassten Beschluss über die Erneuerung der undichten Holzfenster der Wohnungen 2, 6, 8 für ungültig zu erklären;
  2. den in der Versammlung vom 24.09.2020 unter TOP 48 (lfd. Nr. 30 der Beschlusssammlung) gefassten Beschluss über den Dichtigkeitsnachweis für ungültig zu erklären;
  3. dem Verwalter die Prozesskosten aufzuerlegen, hilfsweise den Beklagten.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, dass es keine starre Vorgabe für die Einholung von drei Angeboten gebe. Zudem sei die Fa. Paepcke, was unstreitig ist, bereits mehrfach für die WEG in den Jahren 2017 bis 2020 tätig geworden bzw. mit der Instandsetzung von Fenstern beauftragt gewesen (s. Anlage B1). Der Beschluss zu TOP 46 sei als Folgeauftrag zu verstehen. Betreffend den TOP 48 habe die Verwaltung bei mehreren Firmen angefragt, aber Absagen erhalten (vgl. Anlage B2). Es sei derzeit äußerst schwierig, geeignete Fachfirmen zu finden, da die Nachfrage sehr stark sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage Ist begründet.

Die angefochtenen Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 24.09.2020 zu TOP 46 und 48 widersprechen nach Maßgabe der bei Beschlussfassung geltenden Bestimmungen (vgl. § 21 Abs. 4 WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung) den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die Eigentümer haben bei der Beschlussfassung jeweils das ihnen zustehende Ermessen unterschritten. Sie haben sich, was die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage im Kern geltend macht – auch wenn sie lediglich darauf abhebt, dass die Verwaltung keine drei, sondern jeweils nur zwei Vergleichsangebote eingeholt hat –, keine ausreichende Tatsachengrundlage für ihre Entscheidungen betreffend die Instandsetzung der Holzfenster sowie der Grundsielleitungen verschafft. Es ist seit langem anerkannt – und daran hat sich auch infolge der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes mit Wirkung zum 01.12.2020 nichts geändert –, dass vor einer Beschlussfassung mehrere Alternativangebote einzuholen sind.

Hintergrund dafür war und ist, dass die Eigentümer dem Gebot der Wirtschaftlichkeit folgend keine überteuerten Aufträge erteilen sollen und eine technisch einwandfreie Lösung wählen, die eine dauerhafte Beseitigung vorhandener Mängel und Schäden verspricht (vgl, schon BayObLG, NZM 2000, 512, 513). Bis in jüngere Zeit hinein hat sich quasi als „Gewohnheitsrecht” durchgesetzt, dass vorab mehrere Alternativ- oder Konkurrenzangebote einzuholen sind (so etwa LG Hamburg, ZMR 2020, 681; LG Dortmund, ZWE 2017, 96). Die Anzahl der einzuholenden Alternativangebote ist – anders als die Kl...

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