Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erteilung einer Auskunft trotz fehlender entsprechender Verpflichtung des Insolvenzverwalters bei dringender Erforderlichkeit der Informationen für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs
Normenkette
ZPO § 142; BGB § 142
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma … KG (Insolvenzschuldnerin). Die Klägerin ist Insolvenzgläubigerin.
Mit Klage v. 5.1.2009, für deren Inhalt im Einzelnen auf die Anl. K 3 zur Klagschrift Bezug genommen wird, hat die Klägerin den letzten Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf persönliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 63 Abs. 1 GmbHG in Anspruch genommen. Zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin hat sich die Klägerin hierbei auf die Insolvenzberichte des Beklagten und die hierin erwähnten Fehlbeträge bezogen. Mit Beschl. v. 4.6.2010 hat das LG Hamburg auf die Anforderungen an einen Klagevortrag wegen Insolvenzverschleppung und insbesondere auf das Erfordernis des klagenden Gläubigers hingewiesen, eine Überschuldungsbilanz vorzulegen, welche die Überschuldung im maßgeblichen Zeitraum des Geschäftsabschlusses belegt. Wegen der Einzelheiten des landgerichtlichen Beschlusses wird auf die Anl. K 4 zur Klagschrift Bezug genommen.
Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter im Besitz der betriebswirtschaftlichen Auswertungen der Insolvenzschuldnerin einschließlich der dazugehörenden Summen- und Saldenlisten.
Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Erteilung der Auskunft über die wirtschaftliche Situation der Insolvenzschuldnerin für den Zeitraum ab 1.6.2006 bis einschließlich 18.6.2007 in Anspruch.
Die Klägerin trägt vor:
Aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gem. § 242 BGB sei der Beklagte zur Erteilung der gewünschten Auskunft durch Gewährung von Einsicht in die betriebswirtschaftlichen Auswertungen verpflichtet. Ihm sei die gewünschte Auskunft durch Gewährung von Akteneinsicht ohne Weiteres zumutbar. Die Klägerin sei auf die gewünschte Information im Hinblick auf den landgerichtlichen Hinweisbeschluss dringend angewiesen und habe keine sonstige Möglichkeit, die erforderlichen Erkenntnisse zu erlangen. Die erforderliche Rechtsbeziehung als Grundlage eines Auskunftsanspruchs bestehe zwischen den Parteien, da die Klägerin Insolvenzgläubigerin und der Beklagte Insolvenzverwalter ist.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die wirtschaftliche Situation der Gemeinschuldnerin … KG (AG Hamburg, Az.: 67b IE 2/07) in dem Zeitraum ab 1.6.2006 bis einschließlich 18.6.2007. Die Auskunft soll erteilt werden durch Vorlage vorhandener betriebswirtschaftlicher Auswertungen inklusive der dazugehörenden Summen- und Saldenlisten der Gemeinschuldnerin.
Der Beklagte beantragt,
wie erkannt.
Er leugnet eine Auskunftspflicht unter Hinweis darauf, dass es zwischen den Parteien an der hierfür erforderlichen Rechtsbeziehung fehle. Zudem gebe es kein Recht auf Einsichtnahme in Geschäftsbücher. Das Auskunftsbegehren der Klägerin laufe auf die Erstellung eines Gutachtens über die wirtschaftliche Situation der Insolvenzschuldnerin hinaus, wozu der Beklagte als Insolvenzverwalter nicht verpflichtet sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zzt. unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung der gewünschten Auskunft.
Die Klägerin ist allerdings auf die gewünschten Informationen dringend angewiesen, da sie zur Geltendmachung ihres Schadensersatzanspruchs gegen den vormaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin nach Vorgabe des Prozessgerichts, bei dem die Schadensersatzklage rechtshängig ist, gehalten ist, eine Überschuldungsbilanz mit angesetzten Liquidationswerten vorzulegen, um die für Oktober 2006 behauptete Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin substanziiert darlegen zu können.
Dem Beklagten ist die begehrte Auskunft auch ohne Weiteres zuzumuten. Er ist unschwer in der Lage, die begehrte Auskunft in der Form zu erteilen, dass er der Klägerin die Einsicht in die in seinem Besitz befindlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen gewährt. Ein nennenswerter Zeit- bzw. Arbeitsaufwand ist hiermit nicht verbunden. Gleichwohl ist der Beklagte zur Auskunft nicht verpflichtet.
Hierzu gilt im Einzelnen Folgendes:
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 49, 11 f.) kommt eine Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters nur insoweit in Betracht, als sie zur Verfolgung eines auf Handlungen des Insolvenzschuldners beruhenden Anspruchs dient, der (als Hauptanspruch) die Insolvenzmasse berührt und gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen ist. Die Begründung wird darin gesehen, dass nur dann ein Anspruch auf Auskunft besteht, wenn die Auskunft eine von der Haupts...