Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenpauschale

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob es sich bei der Kostenpauschale, die ein Verein oder Verband für das erste Abmahnschreiben geltend macht (hier: Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs mit 230,– DM netto), um erforderliche Aufwendungen im Sinne von § 670 BGB handelt.

 

Normenkette

BGB §§ 683, 677, 670

 

Tatbestand

Die Kl. ist die gerichtsbekannte Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die sich per Satzung u.a. den Zweck gesetzt hat, zur Förderung des lauteren Wettbewerbs beizutragen. Aufgrund einer wettbewerbswidrigen Werbung der Bekl. im „Hamburger Abendblatt” sandte die Kl. an die Bekl. ein Abmahnschreiben vom 11.11.1988, woraufhin die Bekl. eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab.

Mit ihrer Klage macht die Kl. für die Abmahnung eine Kostenpauschale in Höhe von 230,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer geltend.

Die Kl. ist der Ansicht, die Bekl. sie aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ausgleich dieser Pauschale verpflichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Kl. kann von der Bekl. keine Kostenpauschale für das wettbewerbsrechtliche Abmahnschreiben vom 11.11.1988 verlangen.

1. Entgegen der Auffassung der Kl. läßt sich ein Anspruch nicht aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag herleiten.

a) Dabei verkennt das Gericht nicht, daß seit einer Entscheidung des BGH vom 15.10.1969 allgemein anerkannt ist, daß derjenige, der einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, gemäß den §§ 683, 677, 670 aus dem Gesichtspunkt der GoA vom Grundsatz her verpflichtet ist, dem Abmahner dessen notwendigen Aufwendungen für die vorprozessuale Abmahnung zu erstatten (NJW 1970, 245 – Fotowettbewerb), wenn diese Abmahnung zu Recht erfolgte und auch zur außerprozessualen Erledigung des Streits geführt hat. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Abmahnenden – wie hier – um einen Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gehandelt hat (BGH, a.a.O.). Trotz vielfältiger Kritik an diesem Urteil und der GoA-Konstruktion (vgl. statt vieler Pastor, Der Wettbewerbsprozeß, 3. Aufl. S. 181 f; Gaede/Meister, WRP 84, 247) hat der BGH bis heute daran festgehalten, daß die Kosten der Abmahnung von dem Verletzer zu tragen sind (vgl. GRUR 1973, 385 – Goldene Armbänder; 1984, 131 – shop-in-the-shop; NJW 1984, 2525 – Anwaltsabmahnung). Trotz grundsätzlicher dogmatischer Bedenken gegen die vom BGH hinsichtlich der Kostenerstattung gewählte Konstruktion der GoA (vgl. hierzu ausführlich Cramer, Kostenerstattungsansprüche beim wettbewerbsrechtlichen Abmahnschreiben) Dissertation 1988, S. 53 f.) sieht sich das erkennende Gericht aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit an diese Entscheidungen des BGH gebunden, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, daß die Gerichte, die die Lösung des BGH ablehnen (vgl. z.B. AG Lüdenscheid NJW 1981, 2361), nicht die Wahrung der Rechtseinheit in der Bundesrepublik Deutschland verletzen (so aber Ahrens in NJW 1984, 2526), denn gemäß Art. 97 GG ist auch jeder mit dem Einzelfall befaßte Richter unabhängig – ein Grundsatz, dem Verfassungsrang zukommt (vgl. hierzu näher Cramer, a.a.O., S. 65 f.).

b) Über das Rechtsinstitut der GoA sind jedoch nur die erforderlichen Aufwendungen erstattungsfähig. Bei der im vorliegenden Falle von der Kl. geltend gemachten Kostenpauschale handelt es sich jedoch nicht um Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB.

aa) Leider wird immer wieder der Eindruck erweckt, als habe der BGH bereits entschieden, daß Vereine bzw. Verbände zur Wahrung des unlauteren Wettbewerbs für eine erste eigene gerechtfertigte Abmahnung von dem Wettbewerbsverletzer über die GoA-Vorschriften Ersatz einer Kostenpauschale verlangen könnten (vgl. Kisseler, WRP 1982, 127; Kur, GRUR 1981, 562 f.; Loewenheim, WRP 1979, 844; 1987, 287). Tatsächlich liegt eine solche BGH-Entscheidung nicht vor (vgl. auch Ahrens, a.a.O.). Die Fotowettbewerb-Entscheidung (NJW 1970, 245) befaßte sich mit der Frage, ob ein Verein bzw. Verband zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (im folgenden nur noch Verband genannt) die Anwaltskosten für ein Abmahnschreiben ersetzt verlangen konnte, welches nach einer ersten eigenen vergeblichen Abmahnung erfolgte. Im shop-in-the-shop-Urteil (GRUR 1984, 131) wurde zwar eine Kostenpauschale in Höhe von 120,– DM für ein Abmahnschreiben anerkannt. Kl. war jedoch kein Verband in obigem Sinne, sondern ein Verband, der die gewerblichen Interessen von Friseurbetrieben vertrat. Daß dieser einem Verband nicht gleichgesetzt werden kann, bedarf keiner weiteren Erörterung.

bb) Die überwiegende Rechtsprechung unterhalb der BGH-Ebene – insbesondere die Amtsgerichte, die in erster Linie wegen der geringen Streitwerthöhe mit dieser Problematik konfrontiert sind – spricht Verbänden für die erste eigene Abmahnung eine Kostenpauschale in Höhe zwischen 120,– DM bis zu 250,– DM zu (vgl. z.B. Nachweise bei Kisseler, WRP 1977, 155), wobei allerdings regelmäßig der Begriff der Aufwendung nicht problematisiert wird. Auch soweit in der ...

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