Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 01.10.2004 vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig und unwirksam ist.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte darf jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 300,– abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert wird auf 525,– festgesetzt.

5. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Erhöhung der Gaspreistarife durch die Beklagte zum 01.10.2004.

Die Beklagte versorgt Endverbraucher im Bereich der Stadt Heilbronn mit Erdgas. Der Kläger ist Tarifgaskunde. Am 30.09.2004 teilte die Beklagte in der „Heilbronner Stadtzeitung” (Beilage zur Heilbronner Stimme) ihren Tarifkunden mit, dass „aufgrund einer Kostensteigerung beim Bezug von Erdgas … sich die Abgabenpreise für Erdgas” erhöhen. Gleichzeitig wurden die neuen Gastarife bekannt gegeben. Eine vertragliche Regelung bzgl. Preisänderungen existiert nicht.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte begründe die Preiserhöhung mit einer angeblichen Bindung der Gaspreise an die Preisentwicklung von leichtem Heizöl. Dies bestreite er. Die Beklagte möge die Größenordnung der Erhöhung seitens des Lieferanten der Beklagten benennen und darlegen, wie hoch der Anteil der Gaseinkaufskosten an den gesamten Kosten des Betriebs der Beklagten sei, damit beurteilt werden könne, wie hoch die Auswirkung der Erhöhung der Gaseinkaufskosten auf den Tarif höchstens sein könne. Schon der bisherige Tarif der Beklagten sei überhöht, so dass die etwaige Erhöhung der Einkaufskosten ohne Tariferhöhung hätte aufgefangen werden können. Tatsächlich seien die Gaseinfuhrpreise im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr gesunken.

Der Kläger beantragt:

Es wird festgestellt, dass die zum 01.10.2004 von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig ist und, dass stattdessen die vom Gericht zu ermittelnde billige Tariferhöhung gilt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage bereits für unzulässig, weil der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag nicht geeignet sei, Rechtssicherheit zu schaffen, und u.U. eine weitere Leistungsklage folgen müsse, wenn es um die Bezahlung der Jahresendabrechnung des Klägers gehe. Im Bezugsvertrag der Beklagten mit der Gasversorgung Süddeutschland (im folgenden GVS) seien enthalten eine Bindung des Gaspreises an den Preis für leichtes Heizöl sowie eine automatische Preisanpassung alle drei Monate, so dass die Beklagte gegenüber der GVS keine Verhandlungsmöglichkeit habe. Mit der Tarifpreiserhöhung zum 01.10.2004 habe die Beklagte lediglich die bereits feststehenden Bezugskostenerhöhungen für den Zeitraum 01.10.2004 bis 30.09.2005 weitergegeben. Die Vorschrift des § 315 III BGB sei vorliegend nicht entsprechend anwendbar. Zum einen stelle die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 19 IV, 4 GWB eine vorrangige Spezialnorm dar. Zum anderen werde der Gaspreis durch den Wettbewerb mit dem leichten Heizöl geprägt und sei deshalb einer Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB nicht zugänglich. Denn die Preise für Alt- wie für Neugaskunden seien gleich, der Preis für die Neukunden konkurriere aber mit Öl und Strom als Heizenergien, so dass der Kläger immer den aktuell wettbewerbsfähigen Preis zahle. Die entsprechende Anwendung des § 315 III BGB sei durch die Monopolrechtsprechung des BGH auf Fälle fehlenden Wettbewerbs beschränkt.

Da der Kläger nur die Preiserhöhung angegriffen habe, sei dem Gericht im übrigen verwehrt, die Billigkeit des Gesamtpreises zu überprüfen. Beim Gaspreis handele es sich wegen des Wettbewerbs gegenüber dem leichten Heizöl um einen Marktpreis; durch die gestiegenen Preise für leichtes Heizöl habe sich der Marktwert des Erdöls erhöht, was einer Anhebung der Gaspreise rechtfertige. Beim Marktpreis seien für die Billigkeit des vom Verbraucher zu zahlenden Endpreises dessen einzelne Preisbestandteile nicht maßgeblich. Vielmehr komme es im Rahmen der Billigkeitsprüfung allein darauf an, ob der zu zahlende Endpreis innerhalb der Bandbreite der maßgeblichen Wettbewerbspreise liege. Selbst, wenn man von einer Anwendbarkeit des § 315 III BGB ausginge, so müsse der vom Kläger erhobene Einwand der Unbilligkeit der Tarifanpassung als unsubstantiiert angesehen werden. Denn nicht jede noch so pauschale Berufung auf die Unbilligkeit einer Preisbestimmung eröffne deren gerichtliche Kontrolle.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf die von den Parteien bei Gericht eingereichten Schriftsätze und umfangreichen Unterlagen verwiesen.

Die Klagezustellung erfolgte am 30.09.2004.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Die selbständige Feststellungsklage ist die richtige Klageart, wenn die Unbilligkeit einer getroffenen Leistungsbestimmung gem. § 315 BGB festgestellt werden soll (vgl. Staudinger, BGB, 2004, § 315, Rn. 292 ff). ...

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