Tenor
Der Beschluss zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 22.08.2016 wird für ungültig erklärt, soweit die Durchführung einer Schalluntersuchung durch den Sachverständigen E (Akustikbüro F) abgelehnt worden ist.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verfolgt die Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung.
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft Y. Zwischen den Eigentümern einerseits und der Unternehmung, welche das Gebäude errichtet hatte, der A, herrscht Streit über Mängelgewährleistungsrechte. Nach einem Gutachten des Bausachverständigen B beschlossen die Eigentümer in der Versammlung vom 27.08.2015, deswegen ein selbständiges Beweisverfahren gegen die Bauunternehmung C einzuleiten. Auf den entsprechenden Antrag vom 14.10.2015 beschloss das Landgericht Kassel im Verfahren 4 OH 117/15 am 29.02.2016 antragsgemäß u.a. die Einholung eines Sachverständigengutachtens u.a. zu Frage, ob „das Objekt Y aktuellen Schallschutzanforderungen [entspreche] oder [ob] es hellhörig [sei, …] insbesondere [ob] Klappergeräusche von Spülkästen, Fließgeräusche, sowie Musik und Gespräche aus Nachbarwohnungen gut vernehmbar [seien]” (auf die im Termin vom 04.05.2017 überreichte Beschlusskopie wird Bezug genommen). Der gerichtlich beauftragte Bausachverständige D schaltete für die vorgenannte Beweisfrage den Akustiksachverständigen E aus F ein. Dieser wiederum führte zur Vorbereitung der Begutachtung am 10.05.2016 einen Ortstermin mit einigen der Beteiligten durch, dessen Ergebnis er in einem Anschreiben nebst Skizze vom 19.05.2016 festhielt (auf D. 30 ff. d.A. wird Bezug genommen). U.a. nannte er darin elf Messpunkte und geschätzte Gutachtenkosten insoweit in Höhe von 7.500,00 EUR. In der Eigentümerversammlung vom 22.08.2016 beschlossen die Eigentümer zum TOP 1 weiter, von den im Schreiben des Sachverständigen E vom 19.05.2016 genannten 11 Punkten solle lediglich die Messung zum Punkt Nr. 7, nicht aber diejenigen zu den anderen zehn Punkten erfolgen. Hiergegen richtet sich die am selben Tag eingegangene Anfechtungsklage vom 20.09.2016.
Der Kläger ist der Ansicht, die Eigentümergemeinschaft habe die Ansprüche auf Nacherfüllung bzw. Gewährleistungen gegen den Bauunternehmer an sich gezogen. Das beim Landgericht Kassel eingeleitete Beweissicherungsverfahren habe verjährungshemmende Wirkung bezüglich jener Ansprüche. Würde nunmehr das Beweissicherungsverfahren nur noch eingeschränkt durchgeführt, könne der Kläger ihn betreffende derartige Ansprüche gegen den Bauunternehmer nicht mehr ohne das Risiko der Verjährungseinrede weiterverfolgen. Daher verstoße die angegriffene Beschlussfassung gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, die Eigentümergemeinschaft könne auch im laufenden Beweissicherungsverfahren auf die Begutachtung der Gestalt Einfluss nehmen, das nur die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der angeordneten Begutachtung durchgeführt werden müssen. Hinsichtlich der Lärmschutzfrage handele es sich im Wesentlichen nur um Beanstandungen des Klägers gegenüber dem Bauunternehmer. Da mit der Beweiserhebung in dem vom Sachverständigen E vorgeschlagenen Umfang erhebliche Kosten entstehen würden, entspreche es ordnungsgemäßer Verwaltung, diese Kostenlast zu beschränken.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen E. Auf die Sitzungsniederschrift vom 04.05.2017 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Jeder Eigentümer kann nach § 21 Abs. 4 WEG eine ordnungsgemäße Verwaltung verlangen. Diese muss dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen. Hier entspricht es billigem Ermessen, die Geltendmachung von danach Erfüllungsund/oder Gewährleistungsansprüchen gegen den Bauunternehmer wegen der Errichtung des Gebäudes der ihr streitenden Wohnungseigentümergemeinschaft nicht dadurch zu behindern, indem ein Beweissicherungsverfahren damit verjährungshemmende Wirkung nur unzureichend durchgeführt wird, wenn die Eigentümergemeinschaft die entsprechenden Ansprüche durch Beschluss an sich gezogen hat.
Hier hat die Wohnungseigentürnergemeinschaft mit dem Beschluss vom 27.08.2015 über die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens diese Ansprüche an sich gezogen. Dies hat zur Folge, dass die einzelnen Wohnungseigentümer daran gehindert sind, eigenständig entsprechende Ansprüche gegenüber dem Bauunternehmer, der A, in eigener Verantwortung geltend zu machen. Da die Beschlussfassung vom 27.08.2015 ...