Tenor
Die Erinnerung der Antragstellerin vom 03.07.2012 gegen den Beschluss des Gerichts vom 28.08.2012 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Rechtsbehelfsbelehrung: Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Gründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
I.
Die Antragstellerseite begehrt Beratungshilfe. Als Angelegenheit ist im Antragsformular (Buchstabe A) benannt: "./. Jobcenter Kiel"
Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Bewilligung von Beratungshilfe ablehnt.
Hiergegen richtet sich die Erinnerung.
Das Gericht hat mit Schreiben vom 24.07.2012 die Landeshauptstadt Kiel Sachbereich Bürger- und Rechtsberatung um Amtshilfe gebeten und folgende Fragen zur Beantwortung vorgelegt.
"1.
Wird ein Rechtsuchender, der Ihnen einen Bewilligungsbescheid über Leistungen nach dem SGB II vorlegt und (allgemein) um Überprüfung bittet, darüber beraten, dass die Regelbedarfe verfassungswidrig sein könnten, wie es z.B. das Sozialgericht Berlin in einem Beschluss vom 25.04.2012 vertreten hat?
2.
Wird ein Rechtsuchender darüber beraten, dass er wegen der (etwaigen) Verfassungswidrigkeit Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid einlegen könnte."
Auf eine Rückmeldung der Landeshauptstadt Kiel hat das Gericht seine Anfrage mit folgenden Erläuterungen ergänzt:
"Das Gericht hat bei der Bewilligung von Beratungshilfe zu prüfen, ob einem Rechtsuchenden andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BerHG).
Als andere Möglichkeit kommen grundsätzlich die Bürgerberatung und die Öffentliche Rechtsberatung der Landeshauptstadt Kiel in Betracht.
Die konkrete Beratungshilfesache betrifft einen SGB-II-Bescheid. Die Fragen des Gerichts beschränken sich auf die Öffentliche Rechtsberatung."
Die Landeshauptstadt Kiel hat durch Schreiben vom 28.08.2012 geantwortet.
II.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
1.)
Die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Beratungshilfe sind für die Antragstellerseite nicht gegeben.
Auf Antrag ist Beratungshilfe zu bewilligen, wenn folgende Voraussetzungen des § 1 und § 2 BerHG vorliegen:
- Der Rechtsuchende kann die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG, § 115 ZPO).
- Dem Rechtsuchenden stehen nicht andere Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG).
- Die Wahrnehmung der Rechte ist nicht mutwillig (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG).
- Die Beratungshilfe muss die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens oder im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a EGZPO betreffen (§ 1 Abs. 1 BerHG).
- Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis muss vorliegen (vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl., Rn. 960).
- Die Beratungshilfe muss in der Beratung und, soweit erforderlich, in der Vertretung bestehen (§ 2 Abs. 1 BerHG).
- Die Beratungshilfe muss sich auf eine Angelegenheit des Zivilrechts einschließlich der den Gerichten für Arbeitssachen zugewiesenen Angelegenheiten, des Verwaltungsrechts, des Verfassungsrechts, des Sozialrechts, des Strafrechts (nur Beratung), des Ordnungswidrigkeitenrechts (nur Beratung) oder des Steuerrechts beziehen (§ 2 Abs. 2 BerHG; BVerfG NJW 2009, 209).
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Antrag der Antragstellerseite nicht vollständig vor. Denn der Antragstellerseite stand eine andere Möglichkeit für eine Hilfe zur Verfügung, deren Inanspruchnahme der Antragstellerseite auch zuzumuten war (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG). Die andere Hilfemöglichkeit muss
- kostenfrei oder jedenfalls nicht die Gebühr Nr. 2500 VV RVG (EUR 10,-) übersteigend
sein. Hierbei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Öffentliche Rechtsberatungsstellen können eine andere Möglichkeit der Hilfe sein, soweit ihr Angebot das Spektrum der benötigten Beratung und ggf. Vertretung abdeckt (Schoreit/Groß, 11. Aufl., § 1 BerHG, Rn. 93). Denkbar kann auch sein, auf die öffentliche Rechtsberatung zur Beratung zu verweisen und Beratungshilfe erst dann zu gewähren, soweit eine Vertretung erforderlich wird (Schoreit/Groß, 11. Aufl., § 1 BerHG, Rn. 93). Andere Möglichkeiten sind die in Schleswig-Holstein eingerichteten und betriebenen kommunalen öffentlichen Rechtsauskunfts- und Beratungsstellen, die es etwa in Kiel erstmals 1907 gab (Schoreit/Groß, 11. Aufl., § 1 BerHG, Rn. 93). Sie gewähren Rechtsauskünfte auf allen Rechtsgebieten gegen geringe Gebühren (Schoreit/Groß, 11. Aufl., § 1 BerHG, Rn. 93), die aber bei bedürftigen Rechtsuchenden erlassen werden.
Der Antragstellerin stand eine solche andere kostengünstigere, erlaubte und geeignete Hilfemöglichkeit zur Verfügung. Sie hätte sich nämlich durch die Öffentliche Rechtsberatung der Landeshauptstadt Kiel beraten lassen können. Die Inanspruchnahme der...