Normenkette
StGB §§ 222, 60
Tenor
Die Angeklagte ist einer fahrlässigen Tötung schuldig.
Von einer Bestrafung wird abgesehen.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie ihre eigenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Die Angeklagte ist in Würzburg geboren und aufgewachsen.
2003 erlangte sie ihr Abitur und begann in Würzburg ein Medizinstudium, das sie 2009 erfolgreich abschließen konnte.
Nach dem 2. Staatsexamen erhielt sie am 01.12.2009 die Approbation als Ärztin.
Seit dem 15.10.2010 ist sie im XXX -Hospital in Köln als Assistenzärztin beschäftigt, wo sie ein monatliches Nettoeinkommen von € 2.700,-- erwirtschaftet.
Neben ihren Vorsorgeaufwendungen fällt im Rahmen ihrer regelmäßigen monatlichen Belastungen eine Kaltmiete von € 790,-- pro Monat an.
Die Angeklagte ist ledig.
Strafrechtlich ist sie noch nicht in Erscheinung getreten.
II.
Auf Grund des Ergebnisses der Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts folgender Sachverhalt fest:
Am 30.07.2011 gegen 21.50 Uhr transfundierte die Angeklagte dem 63-jährigen Patienten S. C. im XXX -Hospital in Köln eine Blutkonserve der Blutgruppe A Rh +. Diese Blutkonserve war vom Labor jedoch für eine andere Patientin bereitgestellt worden. Herr C. hatte die Blutgruppe 0 Rh +.Etwa 10 Minuten nach Beginn der Transfusion erbrach der Patient und wurde reanimationspflichtig.
Im weiteren Verlauf entwickelte sich bei ihm wegen der falschen Blutkonserve eine Entgleisung des Gerinnungssystems.
Als Folge verstarb der Patient trotz einer Blutaustauschtransfusion und intensivmedizinischer Maßnahmen am 31.07.2011 um 13.37 Uhr.
Zu der Verwechslung der Blutkonserven war es gekommen, weil die Angeklagten gleichzeitig durch das Labor zwei Blutkonserven für zwei verschiedene Patienten ausgehändigt bekommen hatte, die an der Konserve selbst in Bezug auf die Blutgruppe nicht gekennzeichnet waren. Diese ergab sich allein aus dem Begleitdokument, das in unübersichtlicher Art und Weise eine Vielzahl von Daten über die Beschaffenheit der Blutkonserve enthielt - u. a. auch die Blutgruppe.
Da die Angeklagte zum Zeitpunkt der Transfusion bereits eine 63-Stunden-Woche mit anschließendem mehr als 12-stündigen ununterbrochenen Notdienst hinter sich hatte, erst kurze Zeit als Ärztin tätig war und mehrere Maßnahmen für verschiedene Patienten gleichzeitig zu überwachen hatte, entging ihr infolge eines stressbedingten Konzentrationsfehlers die Verwechslung der Blutkonserven, durch die es zu der folgenschweren Entwicklung kam.
Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der geständigen Einlassung der Angeklagten sowie dem mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.D., Institut für Klinische Immunologie und Transfusionsmedizin der Universität Gießen.
Soweit es den faktischen Ablauf des Tatgeschehens betrifft, hat sich die Angeklagte umfassend geständig eingelassen.
Noch in der Hauptverhandlung konnte sich das Gericht davon überzeugen, dass das Geschehen die Angeklagte nachhaltig aufs Schwerste beeindruckt hat und dass sie nach wie vor unter ihrem Versagen leidet.
In seinem mündlichen Gutachten hat der Sachverständige erhebliche strukturelle Mängel in der Krankenhausorganisation festgestellt, die fast zwangsläufig zu einem Versagen der Angeklagten führen mussten:
Zunächst war sie nach einer - in dieser Form eigentlich nicht mehr zulässigen - 63-Stunden-Woche zu einem weiteren 24-Stunden-Notdienst eingeteilt, der sie als Berufsanfängerin mit Notfallpatienten mehr oder weniger allein ließ.
Die nach bereits mehr als 12-stündiger ununterbrochener Dienstzeit übermüdete und am Rande der Erschöpfung stehende Angeklagte wurde darüber hinaus mit Aufgaben betraut, die sie nach ihrem Ausbildungsstand nicht hätte wahrnehmen dürfen. Die Vornahme von Bluttransfusionen setzt nämlich eine besondere Schulung voraus, die umgangssprachlich "Blutführerschein" genannt wird und in der der junge Arzt mit den besonderen Abläufen und Sicherheitsmaßnahmen bei Bluttransfusionen vertraut gemacht wird. Diese Schulung hatte die Angeklagte zum Zeitpunkt der hier abzuurteilenden Vorfälle noch nicht erhalten; gleichwohl wurde sie durch die Klinikverwaltung durch die Diensteinteilung in eine Situation gebracht, in der die Vornahme solcher Transfusionen während eines Notdienstes praktisch zwangsläufig anfallen musste. Dass die Angeklagte sich hiergegen nicht zur Wehr gesetzt hat, mag ihr vorgeworfen werden. Angesichts ihrer beruflichen Situation erscheint dieser mangelnde Mut allerdings nachvollziehbar.
Auch dass sie während ihres Einsatzes durch das Labor zwei quasi identisch aussehende Blutkonserven für zwei verschiedene Patienten mit verschiedenen Blutgruppen gleichzeitig erhielt, erhöhte angesichts ihres angegriffenen Allgemeinzustandes die Wahrscheinlichkeit für Fehler ganz erheblich.
In Wahrnehmung dieser organisatorischen Mängel hat die Krankenhausverwaltung entsprechend reagiert:
Eine gleichzeitige Aushändigung mehrere Blutkonserven ist heute ausgeschlossen.
Außerdem hat die Klinik ihre organisatorischen Fehler auch hinsichtlich de...