Tenor

Der Gerichtsvollzieher wird zu DR II 2448/04 angewiesen, die Wohnung im Haus … nach Erhalt eines Kostenvorschusses von 500,00 EUR durch Entsetzung der sich in der Wohnung befindlichen Personen und evtl. Tiere unter Belassung der dort vorgefundenen Gegenstände, an denen die Gläubigerin ihr Vermieterpfandrecht ausübt, zu räumen.

 

Gründe

Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 19.10.2004 verpflichtete die Schuldnerin sich, an die Gläubigerin 2.546,00 EUR zu zahlen und deren Wohnung zu räumen. Da sie diesen Verpflichtungen nicht nachkam, erteilte die Gläubigerin im Dezember 2004 Räumungsauftrag.

Der zuständige Gerichtsvollzieher machte die Durchführung des Auftrages von der Zahlung eines Kostenvorschusses von zunächst 10.000,00 EUR und später 8.000,00 EUR abhängig. Die Gläubigerin beantragte die Herabsetzung des Vorschusses auf 500,00 EUR unter Geltendmachung ihres Vermieterpfandrechts wegen Mietrückständen an sämtlichen sich in der Wohnung befindenden Sachen der Schuldnerin.

Der Gerichtsvollzieher macht die Durchführung des Auftrages weiterhin von der Einzahlung des zuletzt geforderten Vorschusses abhängig.

Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin, welcher der Gerichtsvollzieher nicht abgeholfen hat und wozu der Schuldnerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist.

Die gemäß § 766 ZPO zulässige Erinnerung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Durchführung eines Vollstreckungsauftrages kann von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden, § 4 Abs. 1 GvKostG, der jedoch nicht die voraussichtlich entstehenden Kosten übersteigen darf. Für die anstehende Räumung sind keine 500,00 EUR übersteigenden Kosten zu erwarten. Der vom Gerichtsvollzieher angeforderte Vorschuss wäre allenfalls erforderlich, wenn der Gerichtsvollzieher auch das Mobiliar zu räumen und notfalls einzulagern hätte. Das ist jedoch nicht der Fall, weil die Gläubigerin ihr Vermieterpfandrecht an allen sich in der Wohnung befindlichen Gegenständen ausgeübt hat und den Vollstreckungsauftrag somit wirksam auf eine Teilräumung beschränkt hat. An diese Anweisung ist der Gerichtsvollzieher gebunden, § 753 Abs. 1 ZPO, indem er lediglich die Schuldnerin aus der Wohnung zu setzen, sämtliche beweglichen Sachen aber dort zu belassen hat (vgl. AG Leverkusen/LG Köln DGVZ 1996, 75; Schuschke/Walker Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 3. Auflage § 885 Rn. 15; s. auch BGH DGVZ 2003, 88 f., 89; a.A. LG Baden-Baden DGVZ 2003, 24; AG Berlin-Schöneberg/LG Berlin DGVZ 1986, 156 f.).

Bei der Geltendmachung eines Vermieterpfandrechts ist es allein Sache des Gläubigers zu bestimmen, an welchen Gegenständen er dieses ausübt. Dieses kann sich auch auf Gegenstände erstrecken, die eigentlich gemäß §§ 811, 812 ZPO der Pfändung nicht unterliegen. § 811 ZPO gilt für die Räumungsvollstreckung nicht, da sich diese Norm auf Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen bezieht, es sich bei einer Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO aber nicht um eine Pfändungsvollstreckung handelt. Auch eine analoge Anwendung kommt nicht in Betracht, zumal der Gerichtsvollzieher nicht befugt ist, die materielle Wirksamkeit des Vermieterpfandrechts zu prüfen. Dabei kann dahinstehen, ob er fachlich in der Lage ist, festzustellen ob einzelne Gegenstände dem Pfändungsschutz unterliegen; denn ihm fehlt die gesetzliche Kompetenz, im Rahmen der Vollstreckung eine materielle Prüfung durchzuführen und anstelle des Schuldners einer Ausübung des Vermieterpfandrechts zu widersprechen (AG Berlin-Wedding DGVZ 2004, 158; Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Auflage § 885 Rn. 29; Schneider MDR 1982, 984 f. 985; a.A. AG Berlin-Lichtenberg DGVZ 2005, 11 f. Christmann DGVZ 1986, 177 ff., 179).

Es ist vielmehr Sache des Räumungsschuldners, sich gegen unberechtigte Pfändungen zu wehren und dazu notfalls den Rechtsweg zu beschreiten. Ihm bleibt es unbenommen, die Herausgabe nicht der Pfändung unterliegender Gegenstände im Wege einstweiliger Verfügung oder mittels Klage durchzusetzen, wenn der Gläubiger diese nicht freiwillig herausgibt (AG Philippsburg DGVZ 2005, 12; Schuschke WM 2004, 137 ff., 139; Schneider DGVZ 1982, 73 f., 74). Der Gerichtsvollzieher kann lediglich zeitlich begrenzten Vollstreckungsschutz im Rahmen des § 765 a Abs. 2 ZPO gewähren.

Letztlich entspricht es auch der Billigkeit, Gläubiger nicht mit übermäßigen Kostenvorschüssen zu belasten, wenn Schuldner ihrer gerichtlichen Verpflichtung zur Räumung nicht nachkommen, da die Vollstreckung dann entweder nicht realisierbar ist oder über Prozesskostenhilfe auf Kosten der Allgemeinheit durchgeführt werden muss. Eine Kostenbegrenzung liegt auch im Interesse des Schuldners, da dieser die Kosten der Zwangsvollstreckung zu tragen hat.

Entgegen der Ansicht der Schuldnerin ist der Räumungstitel auch auf die – teilweise – volljährigen Kinder anwendbar, denn anders als Ehegatten, die nicht Mieter sind, sind diese weder Gewahrsamsinhaber noch Mitbesitzer, sondern nur Besitzdienen eines gesonderten Räumungstitel...

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