Gründe
1. Am 18.05.1993 verstarb , geb. , (im folgenden Erblasser genannt) ohne Hinterlassung von Abkömmlingen. Ihr Ehemann ist vorverstorben.
Der Erblasser hinterließ ein am 01.03.1985 errichtetes Testament mit u. a. folgenden Wortlaut:
"Wenn meine Beerdigung bezahlt ist, soll alles Geld, welches auf der Sparkasse ist, wieder dem Staat zukommen."
Die Oberfinanzdirektion Chemnitz, einmal handelnd für den Bund und einmal handelnd für den Freistaat Sachsen sind beide bereit, die Erbschaft anzunehmen.
2. Sowohl der Bund als auch der Freistaat Sachsen sind Erbe zu je ein Halb geworden und haben deshalb Anspruch auf Erteilung eines Erbscheines gemäß § 2353 BGB.
Ein Fiskalbeschluß gemäß § 1964 kann jedoch nicht erlassen werden, da dieser Feststellungsbeschluß lediglich im Falle gesetzlicher Erbfolge mit der Ergänzung des § 1936 BGB anwendbar ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um gesetzliche Erbfolge, sondern um eine Erbeinsetzung. Mithin haben der Bund und der Freistaat Sachsen einen Erbscheinsantrag zu stellen.
Gemäß EG 235 § 1 gilt für Erbfälle seit dem 03.10.1990 - so liegt es im vorliegenden Fall - das BGB. Dabei bestimmt EG 235 § 2, daß die Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen vor dem wirksamwerden des Beitritts nach dem bisherigen Recht beurteilt wird. Dies betrifft jedoch nur die Formgültigkeit der Verfügung von Todes wegen und deren Auslegung. Unter den Grundsätzen des BGBs muß also dem Willen des Erblassers zum Erfolg geholfen werden. Vorliegend ist jedoch nicht durch Auslegung herauszukristallisieren, wen der Erblasser mit "Staat" gemeint hat. Indes kann auf die Regeln zur Bestimmung des Bedachten zurückgegriffen werden. § 2073 BGB enthält eine gesetzliche Fiktion für den Fall einer mehrdeutigen Bezeichnung. Hat nämlich der Erblasser den Bedachten in einer Weise bezeichnet, die auf mehrere Personen paßt und läßt sich nicht ermitteln, wer von ihnen bedacht werden sollte, so gelten sie als zu gleichen Teilen bedacht. § 2073 BGB ist auch für juristische Personen anzuwenden (Palandt Edenhofer BGB 53. Aufl. § 2073 Anmerkung 1).
Indem der Erblasser den "Staat" bedacht hat, ist diese Bezeichnung objektive mehrdeutig und kann nicht durch individuelle Auslegung konkretisiert werden. Somit gelten der Bund und der Freistaat Sachsen als zu gleichen Teilen bedacht.
Fundstellen
Haufe-Index 2994264 |
Rpfleger 1995, 22 |
DRsp-ROM Nr. 1998/5697 |
ErbPrax 1995, 19 |