Tenor

  • 1.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162,11 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB auf 425,91 Euro seit dem 11.05.2010 und auf weitere 16,20 Euro seit dem 27.04.2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe von vier Reifen Marke Kumho (185/65 TR 15) durch die Klägerin an den Beklagten.

  • 2.

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 280 Euro Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der unter Ziff. 1 bezeichneten Reifen durch die Klägerin an den Beklagten zu zahlen.

  • 3.

    Es wird festgestellt, dass der Beklagte mit der Annahme der unter Ziff. 1 bezeichneten Reifen in Verzug ist.

  • 4.

    Die weitere Klage wird abgewiesen.

  • 5.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 10% der Klägerin, zu 90% dem Beklagten auferlegt.

  • 6.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

  • 7.

    Die Berufung der Klägerin wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus Werk- und Kaufvertrag geltend.

Die Klägerin trägt vor:

Der Beklagte habe bei der Klägerin den Einbau eines gebrauchten Wischmotors an seinem Fahrzeug in Auftrag gegeben, ohne eine konkrete Vergütung zu vereinbaren. Die Klägerin habe die Arbeiten durchgeführt. Der Beklagte habe sie abgenommen. Die Klägerin habe dafür ortsübliche 145,91 Euro in Rechnung gestellt. Der Beklagte habe trotz Mahnungen, letztmals zum 07.04.2010, nicht gezahlt.

Auch habe der Beklagte die im Tenor bezeichneten Reifen zum Preis von 280 Euro gekauft und sich später geweigert, diese abzunehmen und zu bezahlen. Letztmals sei eine Mahnung unter Fristsetzung zum 10.03.2010 ohne Erfolg geblieben.

Die Klägerin habe den Beklagten dann noch erfolglos durch Anwaltsschreiben zur Zahlung auffordern lassen, wofür 70,20 Euro in Rechnung gestellt und von der Klägerin gezahlt worden seien.

In der mündlichen Verhandlung bringt der Geschäftsführer der Klägerin vor, auf Zahlungsaufforderungen habe der Beklagte die Klägerin mehrfach vertröstet und Zahlung in Aussicht gestellt. Bei dem letzten Telefonat, welches an einem Sonntag stattgefunden habe, habe der Beklagte auf eine Zahlungserinnerung nur noch erklärt, der Geschäftsführer solle ihn in Ruhe lassen.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 425,91 Euro zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 11.05.2010 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2010 Zug um Zug gegen Herausgabe der 4 Reifen Marke Kumho (185/65 TR 15) zu zahlen,

  • 2.

    festzustellen, dass sich der Beklagte bezüglich der vier Reifen der Marke Kumho (185/65 TR 15) in Annahmeverzug befindet,

  • 3.

    den Beklagten durch Versäumnisurteil zu verurteilen.

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung ausgeblieben. Eine telefonisch mitgeteilte angebliche Erkrankung ist trotz richterlicher Aufforderung nicht innerhalb einer dem Beklagten gesetzten Frist glaubhaft gemacht worden.

 

Entscheidungsgründe

1.

Die Verurteilung des Beklagten erfolgt durch Versäumnisurteil, nachdem der ordnungsgemäß geladene Beklagte zum Termin ausgeblieben ist, ohne glaubhaft gemacht zu haben, dass er ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert gewesen sei. Von einer Begründung des Urteils wird insoweit abgesehen (§ 313b ZPO).

2.

Die von der Klägerin verauslagten Anwaltskosten kann sie nur in Höhe von 16,20 Euro aus den §§ 286, 280 BGB von dem Beklagten ersetzt verlangen (0,3 Gebühr nach Ziff. 2302 VV-RVG zuzüglich 2,70 Euro Auslagenpauschale). Zwar befand sich der Beklagte bei Auftragerteilung mit der Erfüllung der Werklohn- und Kaufpreisansprüche der Klägerin von zusammen 425,91 Euro in Verzug (§ 286 Abs. 1 BGB). In dieser Situation durfte es die Klägerin jedoch nur für erforderlich halten (§ 670 BGB analog), ein einfaches anwaltliches Zahlungsaufforderungsschreiben in Auftrag zu geben und nicht, den Anwalt insgesamt mit ihrer außergerichtlichen Vertretung zu beauftragen.

Nach der Rechtsprechung obliegt die Geltendmachung eigener Rechte im Grundsatz dem Berechtigten selbst, ohne dass er Ersatz des verzugsbedingten Zeitaufwandes verlangen könnte (vgl. Palandt, § 286 BGB, Rn. 45). Eines Rechtsanwalts darf sich der Gläubiger auf Kosten des säumigen Schuldners nur dann zur Geltendmachung seiner Rechte bedienen, wenn dies erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, NJW 2004, 446; BGH, NJW 2006, 1065). In einfach gelagerten Fällen ist dies nur anzunehmen, wenn der Gläubiger geschäftlich ungewandt ist oder der Schuldner die Erfüllung verzögert (vgl. BGH, NJW 1995, 446). Im letzteren Fall darf der Gläubiger auf Kosten des säumigen Schuldners einen Rechtsanwalt mit einer Erinnerungsmahnung beauftragen (vgl. Staudinger-Löwisch/Feldmann, § 286 BGB, Rn. 214; MüKo, § 286 BGB, Rn. 156).

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