Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Kaskoselbstbeteiligung. Umfangreiche und schwierige Tätigkeit. Niederländischkenntnisse und Spezialkenntnisse in Verkehrsunfallrecht

 

Normenkette

VV RVG Nr. 2300; RVG § 14

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 129,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.03.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 25 % die Beklagte und zu 75 % die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aus dem Verkehrsunfall vom 11.12.2007 in Höhe von 129,50 Euro gemäß § 7 StVG, § 823 Abs.1 BGB.

Die Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 11.12.2007 ist dem Grunde nach unstreitig.

Die Kläger können weiteren Schadenersatz betreffend die Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 129,50 Euro verlangen. Der Gesamtanspruch der Kläger in Höhe von 352,65 Euro ist durch Zahlung von 223,15 Euro bereits erfüllt.

Die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten beträgt 352,65 Euro und berechnet sich wie folgt:

Als Gegenstandswert setzt das Gericht einen Betrag von 2.870,00 Euro an, der sich wie folgt zusammensetzt: 1.600,00 Euro für den tatsächlich regulierten Verdienstausfall und 20,00 Euro Pauschale. Der Gegenstandswert für die Frage der Kostenerstattung richtet sich allein nach der Höhe des vom Ersatzpflichtigen tatsächlich gezahlten Betrages. In einem Rechtsstreit sind diese Kosten abhängig vom prozessualen Erfolg, messen sich allein an dem grade des Obsiegens und des Unterliegens. Diese Grundsätze geltend auch bei außergerichtlichen Schadensregulierungen (vgl. BGH MDR 70,663). Das Gericht verkennt nicht, dass die Kosten für die Einschaltung des Anwalts bei den Regulierungsverhandlungen mit der eigenen Kaskoversicherung unter Umständen Berücksichtigung bei der Bemessung des Gegenstandswertes finden können. Es entspricht der Billigkeit, dass der Haftpflichtversicherer so viel an Kosten zahlt, wie entstanden wären, wenn sich der Geschädigte wegen seiner gesamten Ansprüche an den Haftpflichtversicherer gewandt hätte (Madert in Gerold/ Schmidt, RVG, 18. Aufl., Nr. 2300 VV RVG Rn. 59). Dies gilt insbesondere in schwierigen Fällen (Grüneberg in Palandt, BGB, 60 Aufl., § 249 Rn.57). Die Kosten der Kaskoselbstbeteiligung in Höhe von 1.250,00 Euro sind ebenfalls von der Beklagten gefordert worden. Diese wurden sodann von der niederländischen Korrespondenzversicherung an die Klägerin gezahlt. Der Betrag der Kaskoselbstbeteiligung findet bei der Bemessung des Gegenstandswertes Berücksichtigung, da dieser von der Beklagten hätte gefordert werden können, wenn sich die Kaskoversicherung der Klägerin und diese selbst nicht auf eine interne Weiterleitung geeinigt hätten. Ein weitergehender Betrag findet bei der Bemessung des Gegenstandswertes keine Berücksichtigung. Insoweit ist vorliegend jedoch nicht ausreichend dargetan, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten an den Regulierungsverhandlungen der Kaskoversicherung der Kläger beteiligt waren und dies bspw. aufgrund der Schwierigkeit erforderlich gewesen wäre.

Erstattet werden kann sodann eine Geschäftsgebühr von 1,6.

Die Geschäftsgebühr nach VV 2300 beträgt 0,5 bis 2,5. Eine Gebühr von mehr als 1, 3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Welche Gebühr der RA für seine Tätigkeit verdient hat, ist gemäß § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände, insb. dem Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit, die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers und unter Umständen das besondere Haftungsrisiko des Rechtsanwalts.

Dadurch, dass niederländische Sprachkenntnisse aufgrund der teilweisen Korrespondenz auf Niederländisch erforderlich waren, erhöht sich der Durchschnittssatz auf 1,6. Eine weitere Erhöhung aufgrund von angeblich erforderlichen Spezialkenntnissen im Verkehrsunfallrecht, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der Geltendmachung von Verdienstausfall erachtet das Gericht nicht als gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Verdienstausfall pauschalisiert geltend gemacht wurde. Spezialkenntnisse werden heutzutage nicht nur im Verkehrsunfallrecht erwartet. In vielen anderen Rechtsgebieten gab es ebenfalls Gesetzesänderungen in den letzten Jahren sowie umfangreiche Rechtsprechung hierzu (man denke nur einmal an die Schuldrechtsreform) - dies alleine rechtfertigt keine Gebührenerhöhung. Die Erforderlichkeit von Spezialkenntnissen im Verkehrsunfallrecht, die über die zu erwartenden Kenntnisse hinausgehen, sind nicht dargetan. Dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten eine Gebührenerhöhung zur Fol...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge