Tenor
Der Angeklagte …
wird wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von fünfzig Tagessätzen zu je 20,– DM kostenpflichtig verurteilt.
Der Angeklagte …
wird wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von fünfzig Tagessätzen zu je 80,– DM kostenpflichtig verurteilt.
(Angewendete Vorschriften; §§ 223, 230, 232, 40, 46 StGB, § 465 StPO).
Gründe
Der jetzt fünfunddreißig Jahre alte Angeklagte … ist Kranführer in der Bauunternehmung … in Norden, verheiratet, Vater von vier minderjährigen Kindern und hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.800,– DM bis 2.000,– DM. Er ist nicht vorbestraft.
Der fünfzig Jahre alte Angeklagte … ist Bauingenieur von Beruf, als technischer Leiter in der Bauunternehmung … in Norden angestellt, ist verheiratet, hat drei minderjährige Kinder und ist ebenfalls nicht vorbestraft. In der Firma … ist er u. a. als Sicherheitsfachkraft tätig.
Im Februar 1982, davor und danach, unterhielt die Firma … eine Baustelle in der Carl-Stegmann-Straße auf Juist. Am 25. Februar hob der Angeklagte … mit einem Turmdrehkran ein Steinpaket mit 110 Kalksandsteinen von einem an der Straße vor der Baustelle stehenden Transportfahrzeug, hob das Paket so weit an, daß er es über das bereits mehrere Meter hoch im Rohbau erstellte Gebäude hinwegschwenken konnte, schwenkte das Paket über den Bau hinweg und wollt es auf einem dafür vorgesehenen Lagerplatz hinter dem Gebäude absetzen. Bevor er mit dem Paket über dem Lagerplatz angekommen war, riß die Umschnürung von vier Metallbändern, die das Steinpaket zusammenhielten und die Steine stürzten in die Tiefe, wo sie den an der Rückfront des zu errichtenden Gebäudes mit Meßarbeiten beschäftigten Zimmermeister … trafen, der dadurch schwere Verletzungen erlitt, so einen Trümmerbruch eines Beines, etliche weitere Brüche, Lungen- und Nierenverletzungen sowie einen Bauchmuskelriß. Die Verletzungen erforderten einen siebenmonatigen Krankenhausaufenthalt. Der Verletzte hat heute noch Beschwerden bei Gehen und Heben. Er kann nur noch im Büro arbeiten.
Diese Feststellungen beruhen auf den Bekundungen der Zeugen … und … sowie den Ausführungen des Sachverständigen …. Die Angeklagten haben sich zur Sache nicht eingelassen.
Bei den getroffenen Feststellungen haben sich beide Angeklagte der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen … schuldig gemacht. Sie waren deshalb beide gemäß §§ 223, 230, 232 StGB zu bestrafen.
Da die Angeklagten sich zur Sache nicht eingelassen haben, konnte sich das Gericht auch nicht mit etwaigen Erklärungen ihrerseits auseinandersetzen. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß der Angeklagte … für den Transport der Steine über das genannte Gebäude hinweg eine sog. Traverse benutzte, die vor mehr als zehn Jahren von einer Steinfabrik zur Verfügung gestellt worden und seitdem ständig für das Anheben von Steinpaketen mittels eines Krans verwendet worden war, was wiederum auch der Angeklagte … wußte, zumindest hätte wissen müssen, denn er war nicht nur Sicherheitsbeauftragter, sondern seit 1979 bzw. 1981 ausgebildete Sicherheitsfachkraft. Als solche hatte er gemäß § 6 des Arbeitssicherheitsgesetzes nicht nur beratende Funktion, hatte vielmehr die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel insbesondere vor der Inbetriebnahme und die Arbeitsverfahren insbesondere vor ihrer Einführung sicherheitstechnisch zu überprüfen, die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln vorzuschlagen und darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhielten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei, der Arbeit ausgesetzt waren, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mitzuwirken. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß er diese Aufgaben überhaupt nur unzulänglich wahrgenommen hat. Wie mehrere Zeugen bekundet haben und wie bereits erwähnt, wurde die sog. Traverse bereits seit mehr als zehn Jahren im Betrieb benutzt. Dabei durfte diese allenfalls dazu verwendet werden, durch Eisenbänder zusammengehaltene Steinpakete von einem Fahrzeug zu heben und alsbald, ohne sie höher zu heben, wieder abzusetzen. Keinesfalls durfte die Traverse dazu verwendet werden, Steinpakete auf die geschilderte Weise über Gebäudeteile und über Menschen hinwegzuheben. Schon einem Laien muß es als äußerst gefährlich erscheinen, ein Steinpaket aus 110 Kalksandsteinen mit einem ganz erheblichem Gewicht an vier äußerst dünnen Bandeisenstreifen über Menschen hinwegzuheben. Selbst ein Laie sagt Sich, daß solche Eisenbänder, selbst wenn das Herstellerwerk eine dreifache Sicherheit, die niemandem etwas über die tatsächliche Belastbarkeit aussagt, jederzeit bei Überlastung reißen können....