Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentum: Übertragung der Entscheidung über die Instandhaltungspflicht für Fenster auf die einzelnen Wohnungseigentümer übertragen kann. grobes Verschulden des Verwalters
Orientierungssatz
1. Wohnungseigentümer können im Beschlusswege nur im Einzelfall und nur die Kostenverteilung für die Sanierung von Fenstern regeln, nicht jedoch die Entscheidung für Unterhaltung und Instandsetzung auf die einzelnen Eigentümer übertragen, die generell nach eigenem Gutdünken eine Sanierung auf eigene Kosten durchführen sollen.
2. Ein Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss erkennen, dass eine Beschlussfassung der Gemeinschaftsordnung widerspricht und nicht mehr in die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung fällt. Ihm ist auch dann ein grobes Verschulden an einer gerichtlichen Auseinandersetzung zuzurechnen, wenn kein anwesender Eigentümer der Beschlussfassung widerspricht.
Normenkette
WoEigG § 5 Abs. 1, § 16 Abs. 4, § 43 Nr. 4, § 49
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft TW vom 26. April 2012 zu Tagesordnungspunkt 8 nichtig ist.
2. Die Kosten des Rechtsstreits insgesamt werden der Verwalterin auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Verwalterin und Beigeladenen und Beigetretenen wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Kläger leisten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe.
Streitwert: 4.000,00 EUR
Tatbestand
Mit der am 30.05.2012 (nach den Vermerken des Telefaxgerätes des Amtsgerichts Nürtingen beginnend um 00:03 Uhr und endend um 00:06 Uhr) beim Amtsgericht Nürtingen eingegangenen Klageschrift haben die Klägervertreter zunächst beantragt, „Die anlässlich der ordentlichen WEG-Versammlung am 26.04.2012 gefassten Beschlüsse werden angefochten.”
Diesbezüglich haben die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 31.05.2012, vgl. Bl. 6 ff. d. GA, mitgeteilt, dass das Dokument am 29.05.2012 um 23:50 Uhr übermittelt worden sei.
Mit nachgebrachtem Telefax vom 29.06.2012, vgl. Bl. 13 ff. d. GA, wurde folgender Antrag gestellt: „Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 26. April 2012 zu Tagesordnungspunkt 8 unwirksam sind.”
Die Kläger sind Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 6 der Wohnungseigentumsanlage TW. Die Anlage umfasst insgesamt 6 Wohnungen.
Mit Schreiben vom 11. April 2012 hat die Verwalterin zur Eigentümerversammlung eingeladen. Nach den Feststellungen des Protokolls, vgl. Bl. 18 ff. d. GA, waren in der Versammlung die Eigentümer der Wohnungen 1, 2, 4 und 5 persönlich vertreten (7.161 von 10.000 Eigentumsanteilen). Die Verwaltung hat die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt. Unter Tagesordnungspunkt 8 war genannt, die „Kostenübernahme bei Reparaturen, Sanierungen und Erneuerungen von Fenstern.”
Zu Tagesordnungspunkt 8 heißt es:
„Die Hausverwaltung teilt mit, dass die Fenster, Türen und Eingangstüren immer gemeinschaftlichen Eigentums sind. Das ergibt sich nach Maßgabe der Rechtsprechung allein aus gemeinschaftsdienlichen Kriterien, wie z. B. der Vereinheitlichung von Farbauswahlen, Gestaltung der Außenansicht und der Notwendigkeit, Wartungsintervalle für derartige Bauteile in Gemeinschaften zeitähnlich, koordiniert und abgesprochen durchzuführen.
Es kann jedoch von der Eigentümergemeinschaft festgelegt werden, dass die Unterhaltung- und Instandsetzung der Fenster den Eigentümern übertragen wird. Diese Überbürdung der Instandhaltungs- und Wartungsverpflichtungen bedeutet, dass der Eigentümer die Kostentragungsverpflichtung übernimmt.
Diese Regelung ist in der Eigentümergemeinschaft seit Anfang üblich. Die entsprechende Regelung soll daher im Protokoll dokumentiert werden.
Es wird deshalb einstimmig beschlossen:
Die Unterhaltung und Instandsetzung der Fenster (innen und außen) wird – entsprechend der bisherigen Übung – ausdrücklich den Eigentümern der jeweiligen Wohnung übertragen. Danach übernimmt der Eigentümer die Kostentragungsverpflichtung für die Fenster im Bereich seiner Wohnung. Sofern ein Eigentümer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ist die Eigentümergemeinschaft berechtigt, die erforderlichen Aufträge zu vergeben und die Kosten dem jeweiligen Wohnungseigentümer zu belasten.
Dies bedeutet, dass die Eigentümer für die Fenster ihrer Wohnung den Anstrich selbst vornehmen oder auch die Fenster austauschen lassen können, da sie hierfür die Kosten selbst tragen müssen. Aufträge, die wegen Vernachlässigung der Unterhaltung der Fenster von der Eigentümergemeinschaft vergeben werden, sind nur von dem betreffenden Wohnungseigentümer zu zahlen.”
Der Klagbegründungsschriftsatz vom 29.06.2012, Bl. 13 ff. d. GA, wurde von der Geschäftsstelle des Gerichts der Verwalterin und später Beigetretenen ohne weiteres Anschreiben am 06.07.2012 zugestellt, vgl. Bl. 25 Rückseite d. GA.
Nach Eingang der Gerichtskosten aus dem Streitwert der mit Besc...