Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungsverbundverfahren (hier: Abtrennung von Folgesachen). Ehescheidung
Leitsatz (redaktionell)
Auf Antrag eines Ehegatten ist die Abtrennung der Folgesachen elterliche Sorge und Unterhalt aus dem Scheidungsverbundverfahren gem. 623 Abs. 2 ZPO zwingend. Anders als im Verhalt des § 628 ZPO steht dem anderen Ehegatten gegen die Abtrennung kein Rechtsschutz zur Verfügung.
Normenkette
ZPO § 623 Abs. 2 Sätze 2-3, § 628
Tenor
1. Auf Antrag des Ehemannes trennt das Gericht die Folgesache wegen Regelung der elterlichen Sorge und die Folgesache wegen Regelung des Unterhalts vom Verbundverfahren ab.
2. Die genannten Folgesachen werden jeweils als selbständige Familiensache mit jeweils neuem Geschäftszeichen fortgeführt.
Gründe
Die gerichtliche Entscheidung über die Abtrennung der genannten Folgesachen beruht auf § 623 II 2+3 ZPO.
Die gesetzliche Vorschrift läßt voraussetzungslos eine Abtrennung zu, wenn dies ein Ehegatte beantragt. Den entsprechenden Antrag hat der Ehemann wirksam durch seinen Prozeßbevollmächtigten (§ 78 ZPO) gestellt.
Nach dem Gesetzeswortlaut muß das Gericht eine Antragsfolgesache abtrennen, ohne daß der andere Ehegatte es verhindern kann. Anders als im Falle des § 628 ZPO steht dem anderen Ehegatten gegen die Abtrennung der Sorgesache und des Ehegatten- wie Kindesunterhalts kein Rechtsschutz zur Verfügung. Ebensowenig ist die Abtrennung in das Ermessen des Gerichts gestellt. Demzufolge ist völlig unerheblich, ob die Beibehaltung dieser Folgesachen im Verbund als sachdienlicher zu erachten wäre. Selbst wenn durch die Abtrennung Verzögerungen der Entscheidung über die Sorgerechtsregelung sowie über den Ehegattenunterhalt über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus befürchtet werden müssen, wäre dem Abtrennungsantrag eines Ehegatten Folge zu leisten. Die gesetzgeberische Entscheidung für eine zwingende Anordnung der Abtrennung beruht auf der Neugestaltung des Sorgerechts ab 1.7.1998. Nach ihr ist die Verknüpfung von Scheidungsausspruch und Sorgeregelung aufgehoben. Allein die Trennung der verheirateten Eltern und die durch einen Antrag zum Ausdruck gebrachte Notwendigkeit einer Sorgeregelung werden vom Gesetzgeber zum berechtigten Anlaß für eine gerichtliche Sorgeentscheidung genommen. Mit der erleichterten Abtrennungsmöglichkeit soll zusätzlich verhindert werden, daß durch einen spätgestellten Sorgerechtsantrag das gesamte Scheidungsverfahren verzögert wird.
Im Einzelfall mag überlegt werden, ob das Gericht entgegen dem Gesetzeswortlaut … Abtrennungsanträge in Mißbrauchsfällen zurückweisen kann (vgl. Büttner, FamRZ 1998, 585, 592). Im vorliegenden Fall verbieten sich aber derartige Überlegungen. Das Scheidungsverfahren ist schon zwei Jahre rechtshängig. Erst zur mündlichen Verhandlung vom 24.4.1998 hat die Ehefrau die Folgesache wegen Unterhalt anhängig gemacht. Einen maßgebenden Sorgerechtsantrag hat sie erst in der letzten mündlichen Verhandlung vom 9.9.1998 gestellt. Bei früher gestellten Anträgen wäre eine abschließende Klärung der Folgesachen Sorgeregelung und Unterhalt zum heutigen Zeitpunkt denkbar. Mit den gestellten Folgeanträgen hat sich das Scheidungsverfahren verzögert. Wenn der Ehemann unter diesen Umständen die Abtrennung begehrt, handelt er im Rahmen der vom Gesetzgeber mit den Vorschriften über die Abtrennung verfolgten Zielsetzung.
Die gesetzlichen Vorschriften über die Abtrennung der Folgesachen sind seit 1.7.1998 in Kraft und auch für das schon zuvor rechtshängig gewordene Ehescheidungsverfahren der Parteien verbindlich. Eine besondere Übergangsregelung hat das Gesetz mit Artikel 15 § 2 IV des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts lediglich zu Sorgeverfahren bestimmt, die nach bisherigem Recht von amtswegen oder auf Antrag in den Verbund nach § 623 ZPO eingeleitet wurden. Für sie wurde festgelegt, in welcher Weise sie ab dem 1.7.1998 weitergeführt werden. Danach ist auch der Sorgeantrag der Ehefrau gültig in das Scheidungsverfahren eingebracht worden. Ebenfalls wirksam in den Verbund war zuvor der Antrag auf Regelung von Unterhalt eingebracht worden, wenngleich Zulässigkeitsbedenken hinsichtlich des Kindesunterhaltes zur späteren Teilabweisung führen werden.
Die Folgesachen wegen Sorgeregelung und Unterhalt werden mit der Abtrennung als jeweils selbständige Familiensachen unter neuen, verschiedenen Aktenzeichen mit gesonderter Kostenregelung fortgeführt werden. Die Anordnung zur selbständigen Fortführung hat das Gesetz in § 621 II 4 ZPO bestimmt. Wegen ihrer verschiedenen Verfahrensart als FGG- bzw. ZPO-Verfahren ist ein weitergeführter (Rest-)Verbund ausgeschlossen. Entsprechend entfällt für diese Verfahren in erster Instanz der Anwaltszwang.
Unterschriften
Nickel Richter am Amtsgericht
Fundstellen
Haufe-Index 1337413 |
FamRZ 1999, 519 |
FamRZ 2000, 167 |