Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten berät um die Reaktion in einem Strafverfahren zu besprechen, benötigt dazu Ablichtungen aus der Ermittlungsakte. Deshalb besteht auch in Beratungshilfesachen Anspruch auf Erstattung der von dem Rechtsanwalt gefertigten Fotokopien aus der Staatskasse.
Tenor
Auf die Erinnerung vom 20.12.2011 wird die Vergütung von Rechtsanwalt Dr. jur. Kay Achtelik auf 93,65 EUR festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Außergerichtlicher Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit Antrag vom 08.12.2010 ersuchte die Antragstellerin um Bewilligung von Beratungshilfe hinsichtlich des Vorwurfes einer fahrlässigen Körperverletzung. Am 15.04.2011 wurde der Antragstellerin Beratungshilfe für die Angelegenheit "Vorwurf fahrlässige Körperverletzung/ Strafrecht" durch das Amtsgericht Riesa bewilligt und ein entsprechender Berechtigungsschein erteilt. Das Amtsgericht wies daraufhin, dass sich die Beratungshilfe in Straf- und Busgeldsachen auf die Beratungstätigkeit des Anwaltes beschränkt.
Die Antragstellerin hat den Erinnerungsführer mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Der Erinnerungsführer beantragte am 27.09.2011 die Festsetzung über eine Vergütung in Höhe von 93,65 EUR. Darin enthalten war eine Dokumentenpauschale für 88 Kopien in Höhe von 30,70 EUR. Mit Beschluss des Amtsgerichtes Riesa vom 14.11.2011 wurde die dem Erinnerungsführer zuzahlende Vergütung auf 57,12 EUR festgesetzt. Begründet wurde dies damit, dass die Beratungshilfe in Strafsachen auf Beratung beschränkt sei, § 2 Abs.2 Satz 2 BerHG. Die Anforderung der Strafakte sei als gerechtfertigt anzusehen. Der Verteidigung oder Vertretung über Beratungshilfe nicht abgedeckt sein, könne das Kopieren von 88 Seiten nicht nachvollzogen werden. Es hätte durchaus genügt, nach Durchsicht der Akte wesentliche Punkte zu notieren und daraufhin der Rechtssuchenden einen Rat hinsichtlich ihrer Verteidigung zu geben.
Die Bezirksrevisorin beim Landgericht Dresden wurde vor dem Erlass des Beschlusses des Amtsgerichtes Riesa vom 14. 11. 2011 angehört.
Mit Schreiben vom 15.12.2011 legte der Erinnerungsführer Erinnerung ein. Darin machte der Erinnerungsführer geltend, dass zur ordnungsgemäßen Beratung des Rechtssuchenden die Ablichtung des Inhaltes der Akten notwendig gewesen sei. Es könne von dem Rechtsanwalt insbesondere nicht verlangt werden, sich in die versandte Akte einzuarbeiten und anschließend ein Gesprächstermin bei vorliegender Akte mit den Rechtssuchenden zu vereinbaren, um ansonsten notwendige Kopierkosten zu vermeiden. Damit würde das Gericht die Terminsplanung des Rechtsanwalts bestimmen. Zudem müsste der Rechtsanwalt sodann bei einer späteren Nachfrage die Akte erneut anfordern. Ein weiteres Argument ergebe sich daraus, dass der Rechtsanwalt eine Handakte gemäß § 50 BRAO anzulegen habe, die ein geordnetes Bild über die von ihm entfaltete Tätigkeit geben müsse.
Am 25.04.2012 erging durch das Amtsgericht Riesa ein Nichtabhilfebeschluss.
II.
Die gemäß § 56 RVG in Verbindung mit § 11 Abs.2 RVG zulässige Erinnerung ist begründet.
Der Anspruch auf Festsetzung der Kopierkosten erfolgt aus § 1 RVG in Verbindung mit Nr. 7000 VV RVG. Gemäß Nr. 7000 Nr.la VV RVG sind Kosten für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten zu ersetzen, soweit deren Herstellung zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dass unter dem Gesichtspunkt der Rechtswahrnehmungsgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten auch bei der Beratungshilfe grundsätzlich Kopierkosten zu ersetzen sind ergibt sich daraus, dass Bemittelte und Unbemittelte auch bei der Beratungshilfe grundsätzlich gleich zu behandeln sind (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.0ktober 2008, AZ. 1 BvIZ 2310/06- [...], Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.05.2009, AZ. 1 13vR 1517/09-juris.). Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten berät um die Reaktion in einem Strafverfahren zu besprechen, benötigt dazu Ablichtungen aus der Ermittlungsakte. Zwar bestünde auch die Möglichkeit, dass der Rechtsanwalt seinen Mandanten zu dem Zeitpunkt in sein Büro bestellt, zu dem die Akte sich bei ihm befindet. Dies würde jedoch dazu führen, dass die Aktenführende Stelle durch die Setzung der Akteneinsichtsfrist über die Möglichkeit einer sachgerechten Beratung entscheiden würde. Das daraus eine Schlechterstellung des unbemittelten Rechtssuchenden entsteht, ergibt sich daraus, dass der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten Ladungen nicht zwangsweise durchsetzen kann und die aktenführende Stelle in der Regel keine Kenntnis von den terminlichen Verpflichtungen des Mandanten hat, und auf die Kenntnis dieser in diesem Verfahrensabschnitt auch kein Anspruch besteht. Verdeutlicht wird dieses Dilemma, an folgendem Beispiel: Würde die aktenführende Stelle dem Rechtsanwalt Akteneinsicht von drei Tagen gewähren, befände sich der Mandant jedoch im Urlaub, im Krankenhaus oder wäre er aus anderen Gründen nicht erreichbar, wäre eine spätere Beratung nur noch auf Grund von Notizen ...