Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufenthaltsbestimmungsrecht und Verbleibensanordnung
Tenor
1.
Die Anträge von Mutter und Großmutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für …, geb. … 2002 in …, auf die Großmutter, hilfsweise auf Rückübertragung an die Mutter, werden zurückgewiesen.
2.
Hinsichtlich der beantragten Verbleibensanordnung wird festgestellt, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
3.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
4.
Die Gegenstandswerte werden wie folgt festgesetzt:
6 F 713/02 |
(Aufenthaltsbestimmungsrecht): |
2.000,00 Euro |
6 F 881/03 |
(Verbleibensanordnung): |
1.000,00 Euro |
|
|
3.000,00 Euro. |
Tatbestand
I.
Das betroffene Kind …, geb. am … 2002 in …, ist das nichteheliche Kind von Frau …, geb. am … 1979. … kam am … 2002 als Frühgeburt in der 31. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1.950 g zur Welt. Bei der Klinikaufnahme hatte die Mutter mehrere Hämatome am Körper, welche nach ihren Angaben von Tätlichkeiten des Kindsvaters herrührten. Sie gab an, diesen zuvor provoziert zu haben.
… wurde nach mehrwöchiger stationärer Behandlung in der Kinderklinik … bei der Pflegefamilie … untergebracht, wo er seit dem aufwächst und sich zu einem im Wesentlichen altersgerecht entwickelten kleinen Jungen entwickelt hat.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 21.08.2002, Aktenzeichen: 6 F 544/02, wurde der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind entzogen und auf das Kreisjugendamt Tübingen als Pfleger übertragen.
Frau … hat einen weiteren Sohn, …, nicht ehelich geboren am … 1999. … lebt von Anfang an im Haushalt seiner Großmutter und wird von dieser aufgezogen. Zwischen … und seiner Großmutter fanden und finden regelmäßige Umgangskontakte statt, anfängliche Umgangskontakte der Mutter mit … in der Pflegefamilie … hat die Mutter seit längerem eingestellt. Umgangskontakte zwischen Mutter und Sohn finden ausschließlich im Rahmen der Aufenthalte von … bei Großmutter und … statt.
Sowohl Großmutter als auch Mutter lehnen Besuche in der Pflegefamilie ab.
Am 24.10.2002 hat die Großmutter des Kindes beantragt, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für … zu übertragen. Die Mutter hat sich dem Antrag angeschlossen und darüber hilfsweise beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom 21.08.2002, Aktenzeichen: 6 F 544/02 aufzuheben und ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihren Sohn … zurück zu übertragen.
Ziel von Mutter und Großmutter ist, dass … seinen ständigen Aufenthalt bei der Großmutter haben und dort aufwachsen soll, zusammen mit dem weiteren Sohn von ….
Das beteiligte Kreisjugendamt Tübingen als Pfleger des Kinds … hat zunächst eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für … auf die Großmutter befürwortet (Stellungnahme vom 03.12.2002, Blatt 47 bis 49 der Akte). Im Rahmen der vom Gericht in Auftrag gegebenen Nachermittlungen in der Sache kam die damals zuständige Sachbearbeiterin zu dem Ergebnis, dass es für … derzeit nicht zu verantworten sei, ihn seiner Großmutter oder Mutter zu überlassen, da er ein hohes Maß an emotionaler Stabilität, Kontinuität und Zuverlässigkeit brauche, um unbeschadet aufwachsen zu können, beide Frauen jedoch keine Einsicht in die Bedürfnisse des Kindes als einem frühgeborenen Kind sowie die Notwendigkeit eines behutsamen und kontinuierlichen Beziehungsaufbaus zeigten.
Darüber hinaus sei eine Rückführung von … zur Mutter und/oder Großmutter auch deshalb nicht denkbar, weil beide Frauen eine Hilfe von außen bislang abgelehnt hätten (Bericht vom 30.04.2003, Blatt 196 bis 197 der Akte).
Mit Beschluss vom 11.02.2003 wurde dem Kind … Frau … zur Verfahrenspflegerin bestellt. Sie hat sich in ihrer Stellungnahme vom 17.06.2003 (Blatt 248/249 der Akte) erstmals für den Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie ausgesprochen. Mit Beschluss vom 11.07.2003 (Blatt 294–296 der Akte) hat das Gericht die Einholung eines kinderpsychiatrischen/kinderpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Frage in Auftrag gegeben, ob es aus Gründen des Kindeswohles geboten ist, das Kind … nicht von der antragstellenden Großmutter sondern unter Aufsicht des Jugendamtes weiter in der Pflegefamilie … zu betreuen und zu versorgen, auch unter Berücksichtigung der Erziehungseignung und -fähigkeit von Großmutter und Mutter.
Am 04.12.2003 haben die Pflegeeltern … und … beantragt, den Verbleib von … gemäß § 1632 Abs. 4 BGB in der Pflegefamilie anzuordnen. Sie haben zur Begründung vorgetragen, dass sie die Vorgehensweise des Jugendamtes nicht nachvollziehen könnten, das Kindeswohl und die inzwischen gewachsenen Bindungen von … an die Pflegeeltern und deren Kinder würden missachtet, gerichtlich getroffene Entscheidungen würden nicht eingehalten, sie seien durchaus der Meinung, dass … geschädigt werde.
Die Prozessbevollmächtigten von Mutter und Großmutter haben beantragt, den Verbleibensantrag zurückzuweisen.
Die Verfahrenspflegerin hat sich für einen Verbleib von … in der Pflegefamilie ausgesprochen. Das Kr...