Entscheidungsstichwort (Thema)

Nettopolice. Rentenversicherung. Lebensversicherung. Einrichtungskosten. gesonderte. Kostenausgleichsvereinbarung. Transparenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Versicherungsnehmer ist im Falle einer "Nettopolice" nur bei entsprechender Übernahmevereinbarung verpflichtet, die Ab-schluss- und die sonstigen Vertragskosten des Versicherers zu übernehmen.

2. Der "Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung" beinhaltet keine Vereinbarung einer Übernahme der Vertragskosten.

3. Die "Kostenausgleichsvereinbarung" wäre in ihrer konkreten Ausgestaltung als Umgehungsgeschäft zu § 169 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 VVG unwirksam.

 

Normenkette

VVG § 169

 

Tenor

  • 1.

    Das Teilversäumnisurteil des Amtsgerichts Warstein vom 26.07.2012 wird aufgehoben.

  • 2.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein in Lichtenstein ansässiges Versicherungsunternehmen, verfolgt Ansprüche aus einer Kostenausgleichsvereinbarung, die zu einer fondsgebundenen Rentenversicherung vereinbart worden ("Nettopolice").

Die Beklagte stelle auf einem einheitlichen Formular der Klägerin einen "Antrag auf formgebundene Rentenversicherung/Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Dieser Antrag enthält unter A) die Personalien der Beklagten und der zu versichernden Person. Unter B) sind Angaben zur Rentenversicherung angeführt, u. A. der Versicherungsbeginn, die Versicherungsdauer von 40 Jahren sowie der monatliche Beitrag von 100,00 € mit dem Zusatz: "In den ersten 48 Monaten wird der Versicherungsbeitrag um die monatliche Teilzahlung der Abschluss- und Einrichtungskosten (siehe Abschnitt C) reduziert, er beträgt jedoch mindestens 10,00 €". Unter C) ist unter den Titeln "Weitere Angaben zum Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung (seperate Kostentilgung)" und "Tilgungsplan für den laufenden Beitrag" ausgeführt:

"Die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten erfolgt separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen. Die Fälligkeit der Teilzahlungen richtet sich nach § 2 der Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung.

Abschlusskosten

1.440,00 €

monatliche Teilzahlung

86,65 €

Einrichtungskosten

1.920,00 €

Teilzahlungspreis

4.159,20 €

= Barzahlungspreis

3.360,00 €"

Der nominale Jahreszins und der effektive Jahreszins sind beide mit 12,00 € beziffert.

Die Klägerin hat dieses Vertragsangebot angenommen.

Die Beklagte zahlte daraufhin zwischen dem 01.11.2010 und 01.05.2011 sieben der in der Kostenausgleichsvereinbarung vereinbarten Teilzahlungen und stellte die Zahlungen dann ein. Nachdem die Beklagte auch auf mehrfache Erinnerung Zahlung nicht leistete, stellte die Klägerin den Rest-Kostenbetrag der Kostenausgleichsvereinbarung zur Zahlung fällig und begehrte Zahlung von 3.013,22 €.

Mit Teilversäumnisurteil vom 26.07.2012 wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.013,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins aus 3.003,22 € seit dem 08.09.2011 zu zahlen. Wegen einer Nebenforderung von 302,10 € wurde die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kostenausgleichsvereinbarung sei als gesonderte Kostenvereinbarung wirksam. Da eine Verrechnung der Abschluss- und Einrichtungskosten mit den gezahlten Prämien nicht stattfinde, gelte § 169 Abs. 3, 5 S. 2 VVG nicht. Eine unzulässige Umgehung dieser Regelungen liege nicht vor.

Die Klägerin beantragt,

das Teilversäumnisurteil des Amtsgerichts Warstein vom 26.07.2012 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Vertragsgestaltung der Klägerin führe zu einer Umgehung der gesetzlichen Regelung des § 169 VVG.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, weshalb sie unter Aufhebung des Teilversäumnisurteils abzuweisen ist.

1.

Eine Anspruchsgrundlage ist nicht gegeben. Insbesondere beinhaltet Teil C des Vertragsangebots der Beklagten ("Antrag") kein Angebot auf Übernahme der Vertragskosten der Klägerin.

Grundsätzlich hat jede Partei die ihr durch die Anbahnung und Durchführung eines Vertragsverhältnisses entstehenden Kosten selber zu tragen. Dies gilt auch für Akquirierungs- und Abschlusskosten. So kann z. B. ein Vermieter die Kosten eines von ihm beauftragten Maklers oder seine durch die Vermietung entstehenden Verwaltungskosten allenfalls aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung von seinem Mieter erstattet verlangen (vgl. z.B. BGH NJW 2010, 671; OLG Köln NZM 2008, 368). Entsprechend verlangt auch § 169 Abs. 5 VVG ausdrücklich, dass ein Abzug der Kosten vom Rückkaufswert "vereinbart" wird. Dem entsprechend kann die Klägerin die Übernahme ihrer Vertragskosten von der Beklagten nu...

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