Leitsatz (amtlich)
Werden durch eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels alle Wohnungseigentümer belastet, stellt die Änderung keine unangemessene Benachteiligung eines einzelnen Wohnungseigentümers dar.
Nachgehend
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-13 S 19/24) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Wiesbaden. Die Klägerin ist Eigentümerin eines 318/10.000 Miteigentumsanteils, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung im zweiten OG. Der zu der klägerischen Wohnung gehörende Balkon verfügt über eine Abflussrinne, die an zwei Fallrohre angeschlossen ist; er ist – wie die übrigen 32 Balkone – nicht überdacht. Auf der jeweiligen Balkonseite stehen mehrere große Bäume. Wegen der Örtlichkeit wird auf Bl. 41 ff d.A. Bezug genommen. Maßgeblich Ursache für eine Verschmutzung der Balkonrinnen ist das Laub der umstehenden Bäume. Die Reinigung der Balkonrinnen versursacht jährliche Kosten zwischen 300,– EUR und 400,– EUR pro Balkon. Im Jahre 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass die Rinnen an den Balkonen durch die jeweiligen Wohnungseigentümer zu reinigen sind. Im Wege der Beschlussersetzung hat das Amtsgericht Wiesbaden durch Urteil vom 31.03.2023 (Az. 91 C 2547/22-78) diesen Beschluss aufgehoben.
In der Eigentümerversammlung am 27.07.2023 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 7, dass die Kosten der Reinigung der Rinnen der Balkone durch die jeweiligen Sondereigentümer zu tragen sind. Wegen des genauen Wortlauts des Beschlusses wird auf das Versammlungsprotokoll (Bl. 3 ff d.A.) Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage habt die Klägerin den genannten Beschluss angefochten. Die Klägerin ist der Auffassung, sie werde durch die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels unangemessen benachteiligt.
Die Klägerin beantragt
den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.07.2023 zu TOP 7 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der angegriffene Beschluss führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Klägerin und sei daher nicht zu beanstanden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat die Akte 91 C 2547/22-78 des Amtsgerichts Wiesbaden zu Informationszwecken beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht ist gemäß § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG ausschließlich zuständig.
Die Anfechtungsklage wurde fristgerecht eingereicht und begründet (§ 45 Abs. 1 S. 1 WEG) und demnächst zugestellt (§ 167 ZPO).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ist nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Wohnungseigentümer haben gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 WEG die ausdrückliche Kompetenz, den gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel abzuändern. Dabei haben die Wohnungseigentümer einen weiten Gestaltungsspielraum (s. Bärmann „WEG” 15. Aufl. 2023 § 16 Rdnr. 140), eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels entspricht nur dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn einzelne Wohnungseigentümer unangemessen benachteiligt werden (s. Bärmann a.a.O. § 16 Rdnr. 142). Eine solche unangemessene Benachteiligung eines einzelnen Wohnungseigentümers ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da alle Wohnungseigentümer durch die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels gleichermaßen betroffen sind. Da die Klägerin selbst vorträgt, maßgebliche Ursache für eine Verschmutzung der Balkonrinnen sei das Laub der umstehenden Bäume und alle Balkone von diesem Laubfall betroffen sind, muss das Gericht davon ausgehen, dass der Reinigungsaufwand im Durchschnitt bei allen Wohnungseigentümern ungefähr gleich ist, so dass der Klägerin kein „Sonderopfer” abverlangt wird. Entgegen der Befürchtung der Klägerin führt die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels auch nicht zu Mehrkosten der Klägerin. Unstreitig versursacht die Reinigung der Balkonrinnen jährliche Kosten von rd. 350,– EUR pro Balkon. Bei 33 Balkonen sind das im Jahr durchschnittlich 11.550,– EUR. Da die Klägerin 318/10.000 Miteigentumsanteile besitzt, müsste sie somit durchschnittlich 367,29 EUR an Kosten tragen. Damit führt die beschlossene Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht zu einer höheren Kostenbelastung der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Fundstellen