Leitsatz (amtlich)
Kann ein Verteidiger von seinem Auftraggeber, der frei gesprochen worden ist, innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens des § 14 RVG eine höhere Vergütung verlangen, als im Verfahren nach § 464b StPO gegenüber der erstattungspflichtigen Staatskasse festgesetzt worden ist, muss der Rechtsschutzversicherer des Auftraggebers den Unterschiedsbetrag übernehmen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Gründe
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 319,00 EUR aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen über den Betrag von 771,40 EUR hinausgehenden Anspruch auf Rückzahlung der Vorauszahlung, die in Höhe von 1.090,40 EUR anlässlich der anwaltlichen Vertretung der rechtsschutzversicherten Versicherungsnehmerin der Klägerin, Frau S., in einem Strafverfahren an die Beklagte geleistet wurde. Die Beklagte hatte anlässlich der anwaltlichen Vertretung im Strafverfahren Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.090,40 EUR gemäß §§ 14, Nr. 4100, 4104, 4108 W RVG in Verbindung mit dem Anwaltsvertrag, so dass sie die streitgegenständliche Forderung mit Rechtsgrund im Sinne von § 812 BGB erlangt hat. Das Amtsgericht Wiesbaden hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. 12. 2006 den Kostenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse nach dem Freispruch der Versicherungsnehmerin gemäß § 464 a Abs. 2 Nr. 2 StPO zwar auf lediglich 771,40 EUR festgesetzt (vgl. Bl. 16 ff d.A.). Diese gerichtliche Kostenfestsetzung ist für die Höhe der Kostenübernahmepflicht der Klägerin im Verhältnis zu ihrer Versicherungsnehmerin jedoch nicht bindend. Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahrs 1972 entschieden, dass die Rechtsschutzversicherung den Differenzbetrag zahlen muss, wenn ein Verteidiger von seinem Mandanten, für den er einen Freispruch erzielt hat, innerhalb des gesetzlichen Gebührenrahmens eine höhere Vergütung verlangen kann, als im Verfahren nach § 464 b StPO gegenüber der erstattungspflichtigen Staatskasse festgesetzt worden ist (vgl. Urteil des BGH vorn 14. 7. 1972, Az: VII ZR 41/71, VersR 1972, 1141). Dies wurde damit begründet, dass derjenige Versicherungsnehmer, der einen Freispruch erziele, nicht schlechter gestellt sein könne, als derjenige, der verurteilt werde. Da im Falle der Verurteilung kein Dritter für die Kosten erstattungspflichtig sei, trage der Rechtsschutzversicherer die Kosten in vollem Umfang. Dies müsse erst recht bei einem Freispruch gelten, wenn die notwendigen Auslagen von der Staatskasse nicht vollständig zu erstatten sind. Der Zweck einer jeden Rechtsschutzversicherung bestehe gerade darin, den Versicherungsnehmer von den ihm erwachsenden Kosten frei zu halten und dies sei bei einem Freispruch keineswegs weniger als bei einer Verurteilung.
Die Klägerin ist zwar in Höhe von 771,40 EUR von ihrer Leistungspflicht befreit und der Betrag wurde von der Beklagten auch an die Klägerin zurückgezahlt. Für die Höhe der Leistungspflicht gilt jedoch im Verhältnis zwischen Rechtsschutzversicherer und Versicherungsnehmer § 5 Abs. 1 a) ARB, wonach die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts geschuldet wird. Die Höhe der gesetzlichen Vergütung richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Der Kostenfestsetzungsbeschluss hinsichtlich des Erstattungsanspruchs gegenüber der Staatskasse kann durchaus einen abweichenden Betrag festsetzen. Eine Bindungswirkung besteht nicht. Der Verteidiger muss sich im Verhältnis zu seinem Mandanten nicht mit der Gebühr begnügen, die nach § 464 b StPO gegenüber der erstattungspflichtigen Staatskasse festgesetzt worden ist (vgl. BGH a.a.O.).
Die Beklagte hat ihre Vergütung auf insgesamt 1.090,40 EUR beziffert und hat dabei jeweils die Mittelgebühr angesetzt, weil sie von einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ausging (vgl. Rechnungen vom 18. 10. 2005, 26. 10. 2006 und 16. 11. 2006, Bl. 11 ff. d.A.). Demgegenüber hat das Amtsgericht Wiesbaden bei der Festsetzung des Erstattungsanspruchs die Auffassung vertreten, dass die anwaltliche Tätigkeit bezüglich der Kriterien Bedeutung für den Mandanten, Schwierigkeitsgrad und, Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sowie Einkommensverhältnisse des Mandanten nur eine Festsetzung der Rahmengebühren im unteren Bereich rechtfertigt. Das Gericht hat zur Frage der Angemessenheit der beanspruchten Rechtsanwaltsvergütung ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer eingeholt. In dem Gutachten vom 26. 5. 2008 (Bl. 105 ff. d.A.) wird ausgeführt, dass die in den Rechnungen der Beklagten vom 18. 10. 2005, 26. 10. 2006 und 13. 11. 2006 berechneten Gebühren angemessen sind. Dies wird damit begründet, dass das wegen unerlaubten Entfer...