Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzantrag. Nachschieben von Forderungen. Rechtschutzbedürfnis. Erledigungserklärung. Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes. Zulässigkeit des Insolvenzantragseines Gläubigers bei Begleichung der Forderung durch den Schuldner undfehlender Glaubhaftmachung nachgeschobener Forderungen. Entfallen der Notwendigkeit des Fortbestehenseines Insolvenzgrundes durch § 14 Abs. 1 S. 2 InsO

 

Leitsatz (amtlich)

Der Insolvenzantrag eines Gläubigers (hier des Finanzamtes) wird unzulässig, wenn der Schuldner die Forderung begleicht und das Finanzamt nachgeschobene Forderungen nicht ausreichend glaubhaft macht.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 n.F. InsO lässt nicht die Notwendigkeit des Fortbestehen eines Insolvenzgrundes entfallen. Dieser ist seitens der Gläubigerin vielmehr weiterhin glaubhaft zu machen.

 

Normenkette

InsO n.F. § 14 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Tenor

Der Insolvenzantrag vom 18.02.2011 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Seit 2004 wurden jeweils insgesamt 13 Fremdanträge zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das schuldnerische Vermögen gestellt, welche nach Zahlung durch die Schuldnerin aus privaten Mitteln des Geschäftsführers jeweils für erledigt erklärt wurden. Bereits unter den Az. 145 IN 602/05 und 145 IN 140/10 wurde zwischenzeitlich ein vorläufiger Insolvenzverwalter in den Jahren 2005 und 2010 bestellt. Schon in dem letzten Verfahren 145 IN 1031/10 war RA W zum Sachverständigen bestellt.

Unter dem 18.02.11 stellte das Finanzamt X (künftig Gläubigerin) erneut einen Insolvenzantrag wegen Forderungen aus Steuern und Nebenleistungen in Höhe von 16.313,30 Euro (Rückstandsaufstellung vom 15.02.12: Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer, Solidaritätszuschlag für Juli-Nov. 2010 und Umsatzsteuer für Juli-Okt. 2010, vgl. Bl. 3 GA), wobei es die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen der §§ 251, 254 AO versicherte und auf erfolglose Vollstreckungsversuche, insbesondere letztmalig seitens des Vollziehungsbeamten vom 01.02.11 verwies. Auch seien Pfändungsversuche gegenüber den Kreditinstituten und Auftraggebern der Schuldnerin erfolglos verlaufen. Der Geschäftsführer habe seine Tilgungsversprechen nicht eingehalten, vgl. zu allem Bl. 1 ff. GA.

Unter dem 28.02.11 teilte der OGV K mit, dass zahlreiche Vollstreckungsaufträge gegen die Schuldnerin vorlägen, bisher aber immer bezahlt worden seien, weshalb zur Zahlungsunfähigkeit keine Aussage getroffen werden könne, vgl. Bl. 30 GA.

Am 02.03.11 hat das Gericht RA W zum Sachverständigen bestellt. Dieser teilte in seinem ersten Bericht mit, dass die Schuldnerin aktuell nur auf der Baustelle der Bäckerei M an der … in X tätig sei, welche ursprünglich für 6 Mon. geplant gewesen sei und sich nunmehr im dritten Jahr befinde. Da die Schuldnerin hier die Rohbauarbeiten verantworte und ständig personell und sachlich gebunden sei, leide sie an konstanten Liquiditätsschwierigkeiten.

Der Geschäftsführer der Schuldnerin bezahlte unter dem 14.03.11 den kompletten ursprgl. geltend gemachten Betrag der Gläubigerin aus seinem Privatvermögen.

Unter dem 31.03.11 erweiterte die Gläubigerin den Antrag um weitere 17.929,34 Euro (vgl. Klartextauszug vom 29.03.11, Bl. 37 f. GA: Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Säumniszuschläge für Sept. 10 – Jan. 11 und Körperschaftssteuer für Okt. 10, sowie Umsatzsteuer für Okt. 10) und erklärte, dass nochmal 25.859,04 Euro Körperschaftsteuer inkl. Verspätungszuschlag und Solidaritätszuschlag für 2009, sowie das 4. Vj. 2010, sowie Umsatzsteuer für 2009 und Dez. 2010 aufgrund eines Schätzungsbescheides festgesetzt seien und am 18.04.11 fällig würden, vgl. Bl. 36 ff. GA.

Die Schuldnerin wendet mittels ihres Verfahrensbevollmächtigen ein, dass die Umsatzsteuer aus Dez. 2010 (im Erweiterungsantrag genannt in Höhe von 15.000,84 Euro + 171 Euro Säumniszuschlag + 1.710 Euro Verspätungszuschlag) mittlerweile berichtigt sei und sich nunmehr ein Guthaben in Höhe von 600 Euro ergeben habe, vgl. Bl. 40 GA. Auch sei der Bescheid über die Umsatzsteuer für Januar 2011 berichtigt worden.

Der Sachverständige teilte unter dem 06.07.11 mit, dass mittlerweile die Steuerbescheide über die Körperschaftssteuer für die Geschäftsjahre 2008 und 2009, sowie die Umsatzsteuer für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 erlassen seien und sich hieraus eine Forderung des Finanzamtes von 12.000 Euro, in Höhe von 6.000 Euro jedoch erst fällig ab August 2011, ergebe. In seinem Bericht vom 01.06.11 bestätigte er sodann den Ausgleich der 12.000 Euro seitens der Schuldnerin.

Dennoch hielt die Gläubigerin an ihrem Antrag fest.

Auf Aufforderung des Gerichts an die Schuldnerin unter dem 04.08.11, Bl. 49 R GA, dass sie darlegen solle, warum ihrer Meinung nach ihre Zahlungsfähigkeit in Zukunft wieder vorliege, teilte deren Verf.bev. unter dem 22.09.11 (Bl. 56 ff. GA) unter Vorlage einer Zwischenbilanz zum 31.08.11 (Bl. 61 ff. GA) Folgendes mit: Die Schuldnerin habe vom 01.01.-31.08.11 ein Ergebnis von 58.000 Euro erzielt und der Geschäftsführer habe zudem aus ...

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